piwik no script img

„Das Recht auf Arbeit ist unteilbar“

■ RednerInnen zum 1.Mai scheuten Thema Bürgerschaftswahl

Alle Jahre wieder ist 1.Mai, aber nur alle vier Jahre wird gewählt. Und eine Bürgerschaftswahl zwei Wochen nach dem Kampf- und Festtag der werktätigen Klasse ist eine Seltenheit. Wer allerdings gehofft hatte, Wahl und Wahlkampf würden am 1.Mai in Bremen eine Rolle spielen, der sah sich getäuscht. Bei der Kundgebung des DGB auf dem Domshof gab es trotz aller kämpferischen Arbeiterlieder Schelte und Forderungen nur an die Adresse „der Unternehmer“ oder an „die Politik“. Ob rot-grün, rot-schwarz oder schwarz-gelb-grau die Arbeitsplätze sichern sollen, zu dieser Frage äußerte sich die Einheitsgewerkschaft DGB nicht - auch wenn die Bremer SPD-Spitze in der ersten Reihe der Demonstration mitmarschierte.

Etwa 2000 GewerkschafterInnen und anderes arbeitendes Volk verdroß das wenig. Bei sonnigem Frühlingswetter vergnügten sie sich auf der Demonstration vom Sielwall zum Domshof und dort angelangt in einem eigens errichteten Zelt mit Live-Musik, Bierausschank und Infoständen von der „Cuba-Solidarität“ bis zu den „Arbeitslosen Gewerkschaftern“.

Vor der Tribüne mit dem diesjährigen Motto „Geliebt-Gehaßt-Gebraucht: Die Arbeit - und morgen?“ wehten die roten Fahnen von ötv, SPD und PDS bunt durcheinander. Helga Ziegert, Bremer DGB-Vorsitzende, beklagte, trotz des „Konjunkturfrühlings“ gehe der Abbau von Arbeitsplätzen in Bremen ungebremst weiter. Es gebe genug sinnvolle Arbeit zu tun, wenn sich der Staat nur endlich entschließen könne, Arbeit statt Arbeitslosigkeit zu finanzieren. Für Bremen forderte Ziegert, Investitionen aus dem ISP an die Garantie von Arbeitsplätzen zu binden und „in Bildung mindetens ebenso zu investieren wie in high-tech oder Gewerbeflächen.“

Der Bundesvorsitzende der IG Medien, Detlef Hensche, warnte vor zunehmendem „Sozialdumping“ im internationalen Wettbewerb der Konzerne und einer Spaltung der Bevölkerung in Menschen mit Arbeit und Arbeitslose, in Männer und Frauen, in Deutsche und Ausländer: „Das Recht auf Arbeit ist unteilbar“. Hensche wandte sich gegen die „zynische Mißbrauchsdebatte“: „Nicht weil die Armen zu reich geworden sind oder die Arbeitslosen untätig sind, fehlen die Arbeitsplätze, sondern weil die Politik unfähig ist.“

Melanie Mittwede, Jugendvertreterin bei der Telekom, forderte mehr Engagement bei der Schaffung von Ausbildungsplätzen. Fast die Hälfte aller jugendlichen Arbeitslosen hätten eine abgeschlossene Berufsausbildung, fänden aber keinen Job: „Wie sollen diese jungen Menschen eine Existenz aufbauen, wenn ihnen niemand hilft?“. Als einzige Rednerin ging sie auf die Wahlen ein: Bisher sei im Wahlkampf immer alles versprochen worden, doch offensichtlich gebe es keine Konzepte. Die aus der CDU geforderte Entlassung der PDS-Kandidatin Stahmann wies Mittwede empört ab: „Was ist das für ein Demokratieverständnis, wenn jemand für die Ausübung seines Grundrechts mit Berufsverbot belegt werden soll?“. bpo

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen