Das Portrait: Tiefe Verehrung für den Castor
■ Der heilige Castor
Atomindustrie und katholische Kirche haben eines gemeinsam: Sie denken in Jahrtausenden. Deshab verehren beide auch den Castor. Doch während der Name bei den Atommanagern für „Cask for storage and transport of radioactive material“ (Behälter zur Lagerung und zum Transport radioaktiven Materials) steht, erinnern sich die Katholiken an einen Heiligen von der Mosel. Der heilige Castor nun hat heute, ausgerechnet am Freitag, den 13., seinen Feiertag.
Mitte des vierten Jahrhunderts kam Castor aus Aquitanien, der Gegend um Bordeaux, nach Trier. Dort wurde er zum Priester geweiht und arbeitete dann in Karden an der Mosel, das damals als kulturelles und religiöses Zentrum der römischen Besatzungsmacht galt. Er betreute die kleine christliche Gemeinde und lebte mit den Gefährten Potentinus, Felicius und Simplicius als Einsiedler, bis er um das Jahr 400 starb.
Mit seinem profanen Namensvetter hat der heilige Castor nicht nur die strahlende Aura gemein. Ebenso wie dieser verbrachte er sein Leben abgeschieden von der Welt – in Erdhöhlen. In Koblenz wurde bereits mehr als tausend Jahre vor dem Bau der Zwischenlager in Gorleben und Ahaus im Jahr 836 ein ganzes Bauwerk nur dem Castor geweiht: die St.-Castor-Kirche. Auch mit aufwendigen Transporten von augebranntem Material, wie sie mit dem Castor Ende März aus den Atomkraftwerken Grundremmingen und Neckarwestheim anstehen, hat der Heilige von der Mosel, der als Schutzpatron der Schiffer gilt, seine Erfahrungen. Teile seiner sterblichen Überreste ließ Ludwig der Fromme 817 als Reliquien von Karden nach Koblenz überführen. Dort gilt er als Stadtheiliger.
In Gegensatz dazu ist Castor in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen nur als strahlender Unglücksbote bekannt. Denn der gute Mensch von der Mosel ist ein „Regionalheiliger“, der nur bei Koblenz gefeiert wird. Während sich die Castor- Gläubigen im Bonner Umweltministerium Wunderdinge von dem Container erwarten, ist von dem Heiligen zwar eine Legende, aber kein wirkliches Wunder überliefert. Ganz anders als der Strahlen-Castor ist allerdings die Resonanz des Heiligen beim Volk. Denn er wurde nicht durch einen regulären Prozeß in Rom heiliggesprochen, sondern „um seine große Verehrung durch das Volk“ auszudrücken. Bernhard Pötter
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