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■ Das PortraitBernhard Jagoda

„Wenn ihr euch auf keinen anderen einigen könnt, dann mach' ich's eben.“ Bescheiden reagierte der Gesundheits- und Sozialexperte der CDU- Bundestagsfraktion, Bernhard Jagoda, als er von seiner Berufung zum Chef der Nürnberger Bundesanstalt für Arbeit erfuhr. „Mit Mut und Zuversicht“ will er heute sein Amt in der Nürnberger Mammutbehörde mit 100.000 Mitarbeitern und einem Jahres- „Umsatz“ von 130 Milliarden Mark antreten.

In der Tat muß sich der langjährige enge Mitarbeiter von Arbeitsminister Blüm gegen die Anstrengungen gerade dieses Ministeriums zur Kürzung des Haushalts der Bundesanstalt zur Wehr setzen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Behörde hatte Blüm, entgegen dem Votum von BA-Vorstand und -Verwaltungsrat, den abgespeckten Haushaltsplan 1993 in Kraft gesetzt.

Zuversicht braucht er auch, weil der Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf mindestens 3,5 Millionen kaum zu bremsen sein wird. Doch Jagoda erweist sich wie Franke als Meister seines Fachs. Hatte Franke von „leichten Eintrübungen“ und „Hoffnungsschimmern“ gesprochen und „Optimismus, gepaart mit Geduld“ als Gebot der Stunde ausgegeben, so spricht Jagoda von einer „robusten Wirtschaft“, die immer wieder mit „Dellen und Kerben“ fertig geworden sei. „Warum sollte das diesmal anders sein?“

Seine Sporen als Sozialexperte hat sich der 52jährige Schwalmstädter zunächst in der Kommunalpolitik, dann im hessischen Landtag und schließlich von 1980 bis 1987 hier Foto Nr. 19

Foto: ap

im Bundestag verdient. Im Juni 1987 holte ihn Blüm als Staatssekretär ins Arbeitsministerium. Dort wirkte Jagoda federführend an der Rentenreform mit. Nach dem Fall der Mauer avancierte er bei den Verhandlungen von BRD und DDR zum sozialpolitischen Unterhändler der Bundesregierung. Erfahrungen in Sachen Abwicklung hat er beim DDR-Sozialministerium gemacht. Als Gesundheitsexperte war er an der Seehoferschen Strukturreform beteiligt.

Eine breite Mehrheit, von Norbert Blüm über die Arbeitgeberverbände bis hin zu den Gewerkschaften, befürwortete Jagodas Wechsel nach Nürnberg. Noch vor Amtsantritt ist er jedoch bereits bei den Gewerkschaften angeeckt. Jagoda hatte angeregt, über eine Verschärfung der Zumutbarkeitsklausel für Arbeitslose nachzudenken. Bernd Siegler

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