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■ Das PortraitGiorgio Benvenuto

Seine einjährige Tätigkeit im Ministerium hat so wenige Spuren hinterlassen, daß sich selbst gut orientierte italienische KollegInnen immer wieder irren, wenn sie schreiben müssen, was der Mann zuletzt gemacht hat: War er Arbeitsminister? Gesundheit? Amt für Staatsbeteiligungen? Nein, Giorgio Benvenuto, 56, am Freitag mit 57 Prozent der Stimmen zum neuen Sekretär der „Partito Socialisto Italiano“ (PSI) gewählt, war 1972 Generalsekretär des Finanzministeriums.

Zuvor hatte er mehr als 15 Jahre die Sozialisten-nahe Gewerkschaft UIL geführt. Auch dort stoßen Chronisten auf wenige eindrucksvolle Spuren, es sei denn negative: mal erwies sich sein engster Mitarbeiter als bulgarischer Spion, mal trudelte die UIL in Parteispendenskandale. Und als Bettino Craxi als Regierungschef 1984 daranging, die einst heilige Scala mobile, die automatische Lohnanpassung für Arbeiter und Angestellte, zu zertrümmern, spaltete der UIL-Mann die vorherige eiserne Allianz mit den beiden anderen Großgewerkschaften und half so, ein Referendum gegen die Regierung zu Fall zu bringen.

Nun soll der Mann also die auf die Hälfte ihrer einst 15 Prozent Wählerstimmen abgesackte PSI sanieren, deren Führungsriege in immer mehr Ermittlungsverfahren untergeht. „Transparenz“ und einen „Neuanfang“ hat er versprochen, die Wiedergesundung des Landes will er gar schaffen.

Foto: Reuter

Ratlos steht freilich noch immer das Fußvolk da, und entgeistert sah es an den Bildschirmen zu, wie ausgerechnet der allenthalben zum Pfuiteufel gewordene Craxi seinen Nachfolger am herzlichsten und längsten umarmte. Der Presse fallen nur wenige Vokabeln zu Benvenuto ein: „Ein Oberst, der Kontinuität schaffen soll?“ fragt zweideutig La Repubblica, „graue Maus“ findet der Staatsrundfunk RAI, und der Corriere della Sera meint schlicht: „Ein Gewerkschafter eben.“

Das ist wohl auch das Signal, das die WählerInnen des Neuen aussenden wollten: „Ist doch ganz natürlich“, sagt Craxis bisheriger Sprecher Ugo Intini, „die Sozialistische Partei hat doch ihre Wurzeln ausschließlich in der Arbeiterbewegung.“ Merkwürdig, wie sich alles wandeln kann. Bis vor kurzem hatte gerade Intini alle abserviert, die die Aufsteiger-Formation PSI an ihre proletarische Vergangenheit erinnern wollten. Benvenuto wird es schwerhaben, derlei Stigmata wegzurubbeln. Werner Raith

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