■ Das Portrait: Klaus Zwickel
Klaus Zwickel, der Interimsvorsitzende der Industriegewerkschaft Metall, hat einen Tag lang gezögert, bis er sich zur Kandidatur für die Nachfolge des jäh gestürzten Franz Steinkühler entschloß. Diese kleine Pause vor einem großen Schritt entspricht seinem eher bedächtigen Naturell. Der vormalige Chef der IG-Metall-Verwaltungsstelle Stuttgart, der größten in Deutschland, ist von seinem Freund und Förderer Franz Steinkühler 1986 in den Vorstand der IG Metall geholt worden. 1989 wurde er dann zum stellvertretenden Vorsitzenden der IG Metall gewählt, ein treuer Weggefährte seines alle anderen Vorstandsmitglieder überragenden Chefs.
Der 54jährige gelernte Werkzeugmacher ist wie Steinkühler im politischen Milieu der schwäbischen Gewerkschaftsbewegung groß geworden – selbstbewußt, kämpferisch, aber gleichzeitig realistisch, mit genauem Blick für das Durchsetzbare. Er hat sich allmählich hochgedient: vom Vertrauensmann, Beitragskassierer, Betriebsratsvorsitzenden bis zu seinem ersten hauptamtlichen Posten als Organisationssekretär beim DGB- Kreis Heilbronn. Aber trotz dieser Ähnlichkeiten im gewerkschaftlichen Werdegang ist Zwickel geradezu der Antityp zur schillernden Figur Steinkühler: bescheiden im persönlichen Lebensstil, völlig ohne Starallüren, aber auch ohne die Geschliffenheit und Geschmeidigkeit des Denkens und der Rhetorik, durch die Steinkühler zum Medienstar geworden ist.
Zwickel wirkt in seinen öffentlichen Auftritten hölzern, in seinen Argumentationen bedient er das Bedürfnis der Basis nach klaren Weltbildern. Vom Typ her repräsentiert er eher die traditionelle, aber langfristig perspektivlose Arbeitergewerkschaft. Er hat sich in Foto: Frank Rogner/Netzhaut
der von Steinkühler forcierten gesellschaftspolitischen und innergewerkschaftlichen Zukunftsdebatte zurückgehalten. Aber daß er in der Lage ist, sie in praktische Gewerkschaftspolitik zu übersetzen, hat er mit der Vorlage des Konzepts „Tarifreform 2000“ bewiesen. Ob er der richtige Mann ist, die Reformdebatte weiterzutreiben, wird von manchen Beobachtern bezweifelt. Gleichzeitig verbindet sich mit Zwickel die Hoffnung auf einen weniger autoritären Führungsstil in der Frankfurter IGM-Zentrale als bisher. Martin Kempe
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