■ Das Portrait: Momčilo Bajagić
Als Momčilo Bajagić 1984 seine erste Solo-LP aufnahm, war er bereits eines der bekanntesten Gesichter der jugoslawischen Rockszene. Dem Traum aller Teenies zwischen Ljubljana und Skopje standen alle Türen im balkanischen Pop-Business offen, weil er seit seinem achtzehnten Lebensjahr bei der Belgrader Supergruppe „Riblja Čorba“ (Fischsuppe) die Gitarre gespielt hatte. Die erste eigene Produktion wurde ein derartiger Verkaufsschlager, daß „Bajaga“, wie ihn seine Fans nennen, die „Fischsuppe“ an den Nagel hängte und als Solostar mit seiner Begleitband „Instruktori“ (Ausbilder) durch die Lande tourte. Auf den sieben LPs, die er seit 1984 aufnahm, erwies sich Bajagić als Vollblut-Pop-Autor mit einer Schwäche für weiche, poetische Liebesballaden Weltbürger und RockstarFoto: P. Janjatović
und eingängige Melodien. Vervollständigt wird die Mischung durch das wohlgepflegte Image einer hard working Rock 'n' Roll Band – die „Instruktori“ tourten seit 1984 jedes Jahr mindestens sechs Monate.
Bei Kriegsbeginn stellte Bajaga alle musikalischen Aktivitäten ein, bis im Sommer letzten Jahres „Musika Na Struju“ (Elektromusik) erschien. Vielleicht wurde die siebte LP des Belgraders gerade deshalb ein so großer Erfolg, weil sich die Texte zumindest vordergründig mit allem außer Politik befassen. Erst beim zweiten Anhören fällt auf, daß Bajagić („Ich bin ein Weltbürger“) seine Sicht der Dinge hintergründig präsentiert; großen Teilen der Musikjournaille war erst in den letzten Wochen aufgefallen, daß Stücke wie „Balkan“ oder die Friedenshymne „Golub“ (Taube) zu den stärksten Texten der postjugoslawischen Zeit gehören. Nicht ganz so gut wie seinem Publikum scheint Bajagićs transjugoslawisches Gebaren bei den slowenischen Behörden angekommen zu sein: Als er im November 1993 erneut einreisen wollte, verweigerten sie ihm den Einlaß. Während viele slowenische Rockmusiker die Visa-Verweigerung an die unliebsame Konkurrenz begrüßten, protestierten kritische Medien und Studentenpresse auf das heftigste – mit Erfolg. Ende Februar spielten die „Instruktori“ zwei Gigs in Ljubljana. Daß fast alle im Publikum die Texte auch der neusten Stücke mitsingen konnten, belegt, daß „Musika Na Struju“ trotz Embargo nach Slowenien und Kroatien gelangt war. Petar Janjatović
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