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■ Das PortraitHelmut Linssen

Wenn der soeben von der Mitgliederbasis per Urwahl gekürte Spitzenkandidat der nordrhein-westfälischen CDU, Helmut Linssen, in Düsseldorf eine unbürokratische Wirtschaftpolitik anmahnt, dann wirkt er wie ein aufgeklärter Konservativer. Moderat im Ton, kenntnisreich, ein selbstbewußter Macher, der sich um den deutschen Mittelstand sorgt. Als mittelständischer Unternehmer kommen dem 51jährigen die Parolen der CDU-Mittelstandsvereinigung auch privat näher als etwa die Forderungen der CDU-Sozialausschüsse, aber er versteht es, sich als ein Mann des Ausgleichs darzustellen, kein ideologisch verbohrter Klassenkämpfer von oben. In solchen Momenten spricht aus Linssen zuallererst der promovierte Ökonom, nicht der Eiferer und Ideologe.

Erst als 30jähriger schloß sich der Kaufmannssohn 1972 der CDU an. Während der sozialliberalen Ära wollte er mit seinem Parteieintritt „einen Kontrapunkt“ setzen. Als Norbert Blüm 1990 bei der Landtagswahl in NRW scheiterte, übernahm Linssen die Führung der CDU-Landtagsfraktion.

Schnell zeigte sich, daß unter der modisch gestylten Hülle ein anderer Linssen schlummerte. Nicht der ausgleichende, abwägende Christ, sondern ein rechter Ideologe, der als Oppositionsführer so manche üble Kampagne anführte. Zum Beispiel immer dann, wenn es gegen die ehemaligen Besetzer der Düsseldorfer Kiefernstraße ging. Linssen denunzierte die Kiefernstraße Möchtegern-Ministerpräsident von NRWFoto: AP

im Landtag als „das Zentrum des Terrorismus in der BRD schlechthin“. In sogenannten Geheimpapieren suchte die CDU eine Mittäterschaft von Bewohnern der Kiefernstraße am RAF-Attentatsversuch auf Tietmeyer zu suggerieren. Nichts davon war wahr. Ziel dieser CDU- Schmutzattacken war zumeist der sozialdemokratische Innenminister Herbert Schnoor. Weil der eine Verhandlungslösung mit den Besetzern anstrebte, sprach Linssen gern von den „Hätschelkindern“ des Innenministers. Auch in Sachen Asylpolitik galt Schnoor Linssen jahrelang als Lieblingsfeind. Dem liberalen Innenminister hielt er wiederholt vor, dafür verantwortlich zu sein, daß das Land NRW als „das letzte Asylanten-Paradies in Europa angesehen wird“. Solche Sätze gehen dem Mann, der 1995 Rau ablösen will, ebenso flüssig über die Lippen wie sein Werben für eine Rückbesinnung auf „religiöse Werte und Tugenden wie Treue, Liebe, Vertrauen, Opfer- und Hilfsbereitschaft“. Walter Jakobs

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