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■ Das PortraitHeidrun Heidecke

Umweltministerin in Sachsen-Anhalt Foto: Andreas Schoelzel

Als Heidrun Heidecke im Landtag von Sachsen-Anhalt noch die Oppositionsbank drückte, war es leicht, mit der parteilosen Politikerin in der bündnisgrünen Landtagsfraktion zu sprechen. Es genügte, am Aschenbecher zu warten, der dem Sitzungssaal am nächsten stand. Spätestens nach einer halben Stunde fand sich auch Kettenraucherin Heidecke dort ein. Aber am Rande der Koalitionsverhandlungen gelobte die künftige Ministerin Besserung. „Die letzte Zigarette rauche ich nach meiner Vereidigung.“

Das Versprechen scheint sie zu halten. „Seit sie in unserem Haus ist, hat sie hier noch niemand mit einer Zigarette gesehen“, bestätigten enge Mitarbeiter. Ob sie zu Hause enthaltsam ist, bleibt das persönliche Geheimnis der 40jährigen.

Seit der Wende nannte sie bereits zwei Parteibücher ihr eigen. Bei den Grünen warf sie das Handtuch und ging zum Neuen Forum. Aber auch dieser Gruppierung kehrte sie den Rücken, als das Forum ankündigte, zu den Wahlen mit eigenen Listen anzutreten. Die vereinigte Partei dankte ihr die Treue und hievte die Parteilose auf den Spitzenplatz der Landtagswahlliste. Als Verhandlungsführerin in den Koalitionsgesprächen mit der SPD unterschrieb sie Dinge, die der Basis schwer im Magen liegen. Aber Heidrun Heidecke hatte auch in der Opposition niemals die Radikallösung für die Chlorchemie gefordert. Sie hält die Chlorchemie für ein Auslaufmodell, will aber eben deswegen das Auslaufen der Industrie selbst überlassen.

Kaum im Amt, geriet sie jedoch mit dem Bonner Kollegen Töpfer aneinander. Ein Gutachten kam erneut zum Schluß, daß das Endlager für radioaktive Abfälle in Morsleben nicht sicher genug ist. Die noch von der DDR-Regierung erteilte Genehmigung müßte widerrufen werden, Töpfer besteht jedoch auf dieser bislang einzigen Möglichkeit, deutschen Atommüll zu verbuddeln. Zwischen allen Stühlen sitzt die Ministerin auch im Streit um die künftige zivile oder militärische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide.

Voll gelungen war dagegen der erste Coup: das Ozon-Tempolimit auf der A 2. Ein symbolischer Appell an die Autofahrer, gab Heidecke selbst zu, die Blitzanlagen wurden erst ab 130 Stundenkilometern aktiv. Heidecke glaubte zu Recht an die Vernunft der Autofahrer. Kaum ein Auto fuhr während des symbolischen Tempolimits wesentlich schneller als 80 Sachen. löb

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