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■ Das PortraitŠemsudin Hasanbegović

„Wieviel Hoffnung haben wir in die Demokratie gesetzt. Und trotzdem sind sie immer noch da, die alten Cliquen, die unser Land ins Unglück stürzten.“ Nur selten läßt sich Šemso Hasanbegović, der Bürgermeister von Zvornik, zu derartig emotionalen Äußerungen hinreißen. Aber hätte man seine Probleme, dann könnte man auch nur verzweifeln. Denn der gerade 32 Jahre alte ehemalige Diplomökonom ist in einer außergewöhnlichen Mission unterwegs in Deutschland: er besucht seine Bürger.

Mehr als zwei Jahre mußte er warten, bevor er das bosnische Tuzla verlassen konnte, von wo aus er mit einem kleinen Stab die Verwaltung seiner „Gemeinde“ aufrechterhält. Die „Gemeinde“, das ist das „freie Territorium Zvornik“, dessen Verteidiger die serbischen Angriffe bis heute abwehren konnten. Seine Bürger, das sind die fast 25.000 Bosniaken oder „Muslime“, die sich vor den serbischen Angriffen in das gebirgige Gelände retten konnten. 5.000 weitere leben in Tuzla, der Rest, mehr als 20.000 Bürger, ist über ganz Europa verstreut. Frankfurt, Dortmund, Wuppertal, Berlin, Nürnberg – jeden Tag eine neue Stadt, jede Woche ein neues Land.

Überall beantwortet Hasanbegović Fragen von Bürgern, hört sich ihre Problemen an. Dabei kennen ihn die meisten noch gar nicht, denn Hasanbegović wurde erst nach ihrer Flucht auf den Posten des Bürgermeisters gehoben. Trotzdem ist das Mitglied der „Partei der demokratischen Aktion“ SDA ihnen kein Unbekannter. Er stammt aus Zvornik, war dort mehrere Jahre Manager in der Spinnerei „Vezionica“.

Hasanbegović hat feste Ziele, will die in Europa verstreuten Zvorniker wieder einen und sie erinnern an die, die unten bleiben mußten. Mit dem bisher Geleisteten ist er zufrieden – zehn Lastwagen, von Bosniern in Deutschland mit eigenem Geld erworben, stehen einsatzbereit für den Transport ab München.

Animositäten zwischen den Flüchtlingen konnte er schlichten. Er will, daß seine Bürger wieder Hoffnung schöpfen. Doch Hasanbegović weiß, daß eine gewaltsame Eroberung das Wertvollste zerstören würde, was die ostbosnische Stadt hat – ihre Industrie. Hasanbegović verschweigt nicht, daß die wirklichen Chancen seiner Heimatregion in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit vor allem mit dem verfeindeten Serbien liegen. Als Teil der erfolgreichen Wirtschaftselite Bosniens hat ihn der Krieg bisher um seine eigene Wunschkarriere gebracht. Noch aber glaubt er nicht, daß es einen schnellen Frieden überhaupt geben kann, daß die serbische Seite überhaupt jemals zu einem Rückzug bereit sein könnte. Eggert Hardten

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