piwik no script img

■ Das PortraitThies Christophersen

Nach Deutschland will er zurück, weil es mit den ruhigen braunen Tagen in Dänemark endgültig vorbei zu sein scheint: Dem Holocaust- Leugner Thies Christophersen lassen dänische DemonstrantInnen keine Ruhe mehr. Jeweils am Wochenende sagen sich verschiedene Gruppen an: StudentInnen aus Århus, Autonome aus Kopenhagen, ehemalige dänische KZ-Gefangene und Gewerkschaftler aus Ålborg. Auch die Bewohner von Kollund sind aufgewacht und wollen den Mann aus dem Molevej 12 endlich lossein. 200 AntifaschistInnen aus der BRD, die sich an diesem Wochenende den Dänen anschließen wollten, wurden an der Grenze abgewiesen. Der 76jährige Christophersen stellt sich gern als „armen, alten Mann“ dar, der vom „psychischen Terror“ der Antifa verfolgt werde. Er sitzt aber als äußerst lebendige Spinne im internationalen Neonazi-Netz. Der Ex- SS-Mann, der in einem Auschwitz-Nebenlager Dienst tat, stieg mit seinem Pamphlet „Die Auschwitz- Lüge“ zur rechtsradikalen Kultfigur auf. In einer Auflage von über 100.000 Exemplaren wurde es eine Art Neonazi-Bibel.

Braune Spinne Foto: dpa

Seit gut 25 Jahren gibt er im Schnitt viermal jährlich die Bauernschaft heraus, die ebenso wie weitere seiner Ergüsse versucht, die deutsche Geschichte der Nazizeit umzuschreiben. „Nordwind“ heißt sein Verlag in Kollund, der ausspuckt, was im liberalen Dänemark – noch – erlaubt ist: nazistische und antisemitische Propaganda, für den europäischen und US- amerikanischen Markt. Regelmäßig zweimal im Jahr treffen sich führende Neonazis aus Europa und USA bei Christophersen, werden von den „alten Kameraden“ neue Generationen von Antisemiten angelernt. 1986 flüchtete Christophersen vor der ausnahmsweise nicht ganz rechtsblinden deutschen Justiz nach Dänemark. Seine Kollunder Nachbarn, die ihn bislang duldeten, wollen ihn loswerden, seit man ihnen im Nachbarort Kværs vorgemacht hat, wie man deutsche Nazis verjagt: Meinolf Schönborn und Anhang, die dort eine weitere Druckerei planten. – Wegen seines Alters hofft Christophersen, der Abbüßung seiner Gefängnisstrafe in Deutschland zu entgehen. Wenn er sich da nicht täuscht. Die Flensburger Staatsanwaltschaft prüft eine neue Anklage, nachdem das NRW-Innenministerium die Septembernummer der Bauernschaft beschlagnahmte: wegen Verherrlichung der Nazizeit und Adolf Hitlers. Reinhard Wolff

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen