piwik no script img

■ Das PortraitHannelore Leimer

Augsburg (taz) – Finanzminister Theo Waigel ist extra zu ihrer Wahl angereist. Schließlich ist Hannelore Leimer (56) die erste Frau an der Spitze einer Industrie- und Handelskammer (IHK) in Westdeutschland. Ihre Wahl zeige, so Waigel, „daß wir Schwaben auch im Bereich der Gleichberechtigung von Frau und Mann an der Spitze des Fortschritts stehen“. Pech nur, daß dieses Lob eigentlich der IHK Cottbus gelten müßte. Die hatte bereits vor vier Jahren eine Frau an ihre Spitze gewählt.

Frau an der Spitze des Fortschritts Foto: Schöllhorn

Hannelore Leimer, geschäftsführende Gesellschafterin der Firma Erhard & Leimer, gilt keineswegs als schwäbische Margaret Thatcher. Gepriesen wird vor allem die Teamfähigkeit, mit der sie ihr Unternehmen leitet. Doch die endet immer dann, wenn sie einen IG-Metall-Vertreter auf einer Betriebsversammlung sieht – dann schweigt die Chefin von 1.200 Arbeitern und Angestellten demonstrativ. Dagegen bemüht sie sich um ein gutes Verhältnis zum Betriebsrat, der bezeichnenderweise ebenfalls von einer Frau geführt wird.

Hannelore Leimer und die zwölf Prozent Frauen in der IHK-Vollversammlung in Augsburg haben nie darum gekämpft, daß eine Frau an die Spitze der Wirtschaftskammer rückt. Doch da kein Mann in das Amt drängte, bewarb sie sich: „Wenn wir Frauen klassische Rollenbilder verändern wollen, dürfen wir vor der Verantwortung nicht davonlaufen. Daß so wenige Frauen an der Spitze sind, liegt eher daran, daß sie den Weg nicht konsequent genug gehen, als an den Männern, die sie nicht lassen“, sagt sie.

Die Visionen der neuen IHK-Chefin: Der Augsburger Raum könne zu einem „europäischen Zentrum für Umwelttechnologie“ werden. Außerdem träumt sie von einem „schwäbischen Disney-Land“, einer Erlebnislandschaft für Kultur, Sport und Bildung. Damit könnten Unternehmen, Existenzgründer und neue Technologien nach Augsburg gelockt werden.

Hannelore Leimer hat die Firma von ihrem Vater übernommen. Mit dem Unternehmen fühlt sich die Frau, die keine eigene Familie hat, wie verheiratet; mit der Kammer möchte sie lediglich „ein schönes Verhältnis haben“. Ihr Unternehmen ist erfolgreich. Es stellt Führungs- und Regeltechnik für den Maschinenbau her und ist nach eigenen Angaben im Bereich der Textil-, Papier- und Folienverarbeitenden Industrie weltweit führend. Umsatz 1994: 110 Millionen Mark. Hermann G. Abmayr

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen