■ Das Portrait: Margarethe Nimsch
Ein Weggefährte aus früheren Zeiten bekommt heute noch einen schwärmerischen Blick und gesteht: „Ich war damals ganz verliebt in sie.“ Damals, das war Anfang der 70er Jahre, als Margarethe Nimsch um Aufnahme in den Revolutionären Kampf (RK) der Frankfurter Spontis ersuchte. Sie sah, fanden diejenigen, die die Neue beäugten, „so schick aus und roch so gut“. Und sie hatte damals, als die StudentInnen anfingen, das Ihre zu beginnen, schon ein ganzes, eigenes Leben hinter sich. Die heute 55jährige war als Stewardeß durch die Welt geflogen, mit einem amerikanischen Piloten verheiratet, verwitwet, als andere noch gar nicht in die Verlegenheit gekommen waren, die Ehe als bürgerliche Institution abzulehnen. Sie hatte in England und Frankreich als Au-pair gearbeitet, Willy Brandt während seiner Flüge zwischen Bonn und Berlin geistige Getränke serviert, als Sekretärin gearbeitet. Nimsch engagierte sich seit 1977 in der ersten Frankfurter Frauensozietät als feministische Rechtsanwältin.
Daß ausgerechnet sie am Montag abend als Frauen- und Gesundheitsdezernentin den Partikularinteressen dreier Abgeordneter des Stadtparlaments zum Opfer fiel, sagten viele, die sie Stolperte über PartikularinteressenFoto: Karin Hill
kennen, sei „menschlich eine ganz besondere Gemeinheit“. Nimsch hat sich nicht nur gegenüber ihren einstigen, manchmal eher rüden Genossen als Dame im Schneiderkostüm behauptet, Sie steht auch im Magistrat für einen Umgang miteinander, der leise und beharrlich für die Sache streitet und auf laute Polemik verzichtet. In unbeobachteten Momenten wirkt sie oft nachdenklich, ihrer selbst nie so sicher, daß sie Zweifel an sich und Bedenken politischer Gegner ganz ausschließen könnte.
Zu ihren Qualitäten gehört es, daß selbst CDUler, wenn auch hinter vorgehaltener Hand, nicht nur ihre Person und Integrität, sondern auch ihre Drogenpolitik respektieren. Sie setzte den „Frankfurter Weg“ durch, der ihr internationale Anerkennung brachte und ein Renommierstück des rot-grünen Magistrates ist. Dabei mußte sie auch mit der Kritik aus den eigenen Reihen leben, als die offene Drogenszene mit Polizeigewalt aus dem Anlagenring in der Innenstadt vertrieben wurde. Ein gleichzeitig aufgebautes Auffangnetz, Methadonprogramm, heftig umstrittene Fixerräume entstanden in ständiger Diskussion mit Experten, Polizei, sozialen Trägern und Betroffenen. Dies steht nun ebenso zur Disposition wie die weniger spektakulären Frauenförderungsprojekte. Heide Platen
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