■ Das Portrait: Bewährter Diktator
Er herrscht über ein wirtschaftlich aufstrebendes Inselreich, hat sich als dienstältester Diktator Asiens bewährt und ist ein guter Kunde deutscher Rüstungsexporte: Indonesiens Präsident Suharto. Der 74jährige wird am Sonntag die Hannover- Messe zusammen mit Bundeskanzler Helmut Kohl eröffnen und dabei die hervorragenden Beziehungen zwischen beiden Ländern preisen. Indonesien ist in diesem Jahr offizielles Partnerland der Industrieschau.
Als sich Suharto 1993 zum sechsten Mal zum Präsidenten wählen ließ, zweifelten viele daran, daß er tatsächlich bis 1998 im Amt bleiben wollte. Zwar durfte es eine offene Diskussion darüber, wer einmal seine Nachfolge antritt, nicht geben. Doch die Unzufriedenheit an seiner Regierung nahm zu. Selbst im mächtigen Militärapparat, der die indonesische Gesellschaft durchdringt und kontrolliert, wuchs der Unmut über die skrupellose Korruptheit der Familie Suhartos: Seine Ehefrau ist als „Madame 10 Prozent“ bekannt. Die fünf ebenfalls geschäftstüchtigen Kinder und deren Gatten und Gattinnen beherrschen einige der blühendsten Sektoren Indonesiens, sei es in der Öl- und Gasexploration, in der Petrochemie, in der Holzindustrie oder im Immobiliengeschäft.
Auf das Militär aber stützt sich die Herrschaft des javanischen Bauernsohnes und Berufssoldaten, der zunächst in der niederländischen Kolonialtruppe gedient hat, später bei den Partisanen und nach der Unabhängigkeit in der indonesischen Armee.
Indonesiens Präsident Suharto Foto: rtr
Nach seiner Machtübernahme 1965 kam es zu einer gnadenlosen Verfolgung vermeintlicher Kommunisten im Land: Eine halbe Million Menschen kamen Schätzungen zufolge in den folgenden Monaten um. Über fünfzigtausend Gefangene wurden in unmenschlichen Lagern gehalten. Heute noch gibt es Hunderte politische Häftlinge; in Aceh, Westpapua und Osttimor herrscht das Militär mit blanker Gewalt.
In den vergangenen Monaten wurde eine leise Hoffnung auf allmähliche politische Lockerung in Indonesien wieder zunichte gemacht: Gewerkschaftler sahen sich zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt, Zeitschriften wurden geschlossen, Journalisten bedroht und verhaftet.
Und Präsident Suharto, der geehrte Staatsgast mit den weißgrauen Schläfen, will – so munkelt man in Indonesien – doch noch nicht abtreten. Nicht vor dem nächsten Jahrtausend. Jutta Lietsch
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