Das Portrait: Macht-Philosoph
■ Rocco Buttiglione
Sein Aufstieg an die Spitze der damals ziemlich maladen Italienischen Volkspartei hatte vielen Hoffnung gegeben: Nach dem Umtaufen der Mehrheitsgruppierung der alten, zusammengebrochenen Democrazia Cristiana hatte es unter dem eher Italiens CDU-Gründer Rocco ButtiglioneFoto: Reuter
brummeligen Mino Martinazzoli weitere Einbrüche im Wählerreservoir gegeben, und der immer schlagfertige, immer schlitzohrig dreinblickende Rocco Buttiglione schien da zunächst schon vom Alter her neue Impulse geben zu können – noch unter 50, gegenüber den Gerontokraten der Partei geradezu ein Wickelkind.
Und tatsächlich brachte der ehemalige Papstberater und Philosoph sofort das Parteienspektrum durcheinander: Er traf sich ganz unorthodox beim Baden mit Linksdemokratenchef Massimo D'Alema, schmiedete mit der damals noch in der Regierung stehenden Lega Nord einen Pakt zum Sturz der Rechts-Koalition um Silvio Berlusconi und stand dann auch fest zur Opposition, als diese die Regierung tatsächlich aushebelte.
Doch schon kurz danach, Italien hatte sich bereits – zustimmend – an eine in der linken Mitte angesiedelte, aufgeklärte Christenpartei gewöhnt, riß Buttiglione jählings und völlig im Alleingang das Steuer herum: Er schloß einen Wahlpakt mit der Forza Italia Berlusconis und öffnete sich auch zur äußersten Rechten, der Nationalen Allianz. Das brachte ihm einen Mißtrauensantrag der Parteilinken ein, der auch – knapp, aber immerhin – durchging. Ab diesem Moment erlebte Italien einen neuen Buttiglione.
Verkniffen, von all seinem Humor verlassen, verfolgte er seine politischen Gegner mit Parteiausschlußverfahren, ließ Schlösser im Parteihauptquartier auswechseln, damit bestimmte Mitarbeiter nicht mehr hineinkonnten. Als dann auch noch die Wahlerfolge ausblieben, blieb ihm nun nur noch eine verzweifelte Flucht nach vorn: das erneute Umtaufen seiner Partei, zurück in Richtung Democrazia Cristiana, mit dem Namen Cristiano- Democratici Uniti, abgekürzt CDU.
Da standen selbst seinen Freunden die Haare zu Berge. Man kann den Italienern ja vieles zumuten. Aber eine Partei, die ausgerechnet den historischen teutonischen Angstgegner nachmacht, das dürfte denn doch zuviel sein. Dieser Name, meint prompt auch la Repubblica, könnte das „endgültige Aus für den Politiker Buttiglione bedeuten“. Werner Raith
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