Das Portrait: First Lady des Sudan
■ Wisal al-Mahdi
Wisal al-Mahdi, Delegierte auf der Weltfrauenkonferenz Foto: Katja Bexar
Sie ist weder Präsidentenfrau noch Königinmutter. Ihr Ehemann hält offiziell keine politischen Ämter inne. Dennoch fällt Madame Turabi der Status der First Lady des Sudan zu. Ihr Gatte, Doktor Hassan Turabi, ist eine der schillerndsten Figuren der islamistischen Bewegung. Vor sechs Jahren hatte seine „Islamische Front“ mit Hilfe des Militärs die Macht im Sudan übernommen.
Seine Frau, Wisal al- Mahdi, bringt derzeit den Delegierten auf der UN- Weltfrauenkonferenz in Peking den richtigen islamischen Standpunkt zur Frauenfrage nahe. Vor ihrer Abreise erklärte die 53jährige Mutter von sechs Kindern: „Ich werde den Frauen in Peking erklären, daß es im islamischen Recht keine absolute Gleichheit zwischen Männern und Frauen gibt, obwohl der Islam den Frauen einen hohen Standard garantiert.“ Die studierte Rechtsanwältin tritt für eine gute Ausbildung von Frauen ein. „Mädchenausbildung ist ein Muß. Meine Ausbildung hat meinen Verstand erweitert. Ich kenne jetzt meine Rechte in der Scharia, dem islamischen Recht, da ich es drei Jahre lang studiert habe.“
Der Gedanke, außerhalb der Scharia Frauenrechte zu erkämpfen, scheint ihr absurd. Das islamische Recht könne nicht durch die Menschen verändert werden, sagt sie. Es sei ein gottgegebenes Gesetz, das im Koran und in den Überlieferungen des Propheten festgelegt wurde.
An der Vielehe etwa gibt es für Madame Turabi nichts zu rütteln. Im Koran sei eben festgelegt, daß ein Mann mehrere Frauen heiraten kann, wenn es ihm möglich ist, sie alle gleich zu behandeln. Eine Koraninterpretation wie etwa im tunesischen Familienrecht lehnt sie als unislamisch ab. Die tunesischen Rechtsgelehrten hatten mit dem Argument, daß kein Mann außer dem Propheten mehrere Frauen gleich behandeln kann, die Vielehe abgeschafft. Madame Turabi würde sich sogar wohl fühlen als Zweitfrau. „Dann hätte ich mehr Zeit, mich auszuruhen.“
In einem Punkt könnte sich die First Lady allerdings mit anderen Frauengruppen einigen. Die in Ägypten, Somalia und auch im Sudan weit verbreitete Praxis der Mädchenbeschneidung beschreibt sie als unislamisch und unmenschlich. Sie hat im Sudan Kampagnen gestartet, um der Praxis ein Ende zu setzen. Aber „es ist schwer, solche Bräuche zu verändern, wenn sie so tief in der Gesellschaft verwurzelt sind“, gibt sie zu. Karim El-Gawhary
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