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Das PortraitMordender Hotelboy

■ Gino Gallagher

Die einen hielten ihn für einen schüchternen, höflichen jungen Mann, die anderen für einen kaltblütigen Killer. Gino Gallagher war beides. Der 32jährige war Stabschef der Irischen Nationalen Befreiungsarmee (INLA), einer Abspaltung der IRA, und gleichzeitig Sprecher ihres politischen Flügels, der Irisch-Republikanischen Sozialistischen Partei. Vorgestern wurde er in West-Belfast erschossen. Es war der erste politische Mord seit dem Waffenstillstand in Nordirland vor knapp anderthalb Jahren.

Gino Gallagher, erschossener Chef der Irisch-Nationalen Befreiungsarmee Foto: Archiv

Vielleicht waren die Täter Mitglieder seiner eigenen Organisation. Schon einmal, Anfang 1987, waren bei einem internen Machtkampf zwölf Menschen getötet worden. Vielleicht die IRA, die befürchtete, daß ein Teil ihrer eigenen Leute, vom Friedensprozeß desillusioniert, zu Gallagher überlaufen könnten. Die INLA hat als einzige nordirische Organisation keinen Waffenstillstand erklärt, aber die Waffen in den vergangenen anderthalb Jahren aus taktischen Gründen ruhen lassen. Gallagher stand dem Friedensprozeß sehr kritisch gegenüber und hat wiederholt angedeutet, daß er eine Rückkehr zur Gewalt in Betracht ziehe. Aus diesem Grund sind auch viele davon überzeugt, daß der Mord an Gallagher auf das Konto des britischen Geheimdienstes gehe.

Gallagher stammte aus den Divis Flats, einer Ansammlung von Wohnsilos in West-Belfast, die vor ein paar Jahren wegen ihres miserablen Zustands abgerissen wurden. Er verließ früh die Schule und schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch, während er außerdem Sozialhilfe kassierte – „doing the double“, so nennt man das in Belfast. Zuletzt arbeitete er als Türsteher in einem vornehmen Hotel. Seine Freunde bezeichneten ihn als ausgesprochen höflichen und hilfsbereiten Menschen, der gerne Schach spielte. Vorige Weihnachten verlobte er sich mit seiner Freundin Margaret, mit der er dreijährige Zwillinge hat.

Auf der anderen Seite war er als Killer berüchtigt, der seine Operationen bis ins Detail plante. Unter anderem soll er im Juni 1994 auf der protestantischen Shankill Road drei Menschen erschossen haben: zwei Anführer eines protestantischen Mordkommandos und einen Passanten. Im April 1995 wurde er Stabschef der INLA. In einer Presseerklärung gelobte die INLA gestern, Gallaghers Mörder zur Strecke zu bringen. Ralf Sotscheck

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