piwik no script img

Das PortraitDer Nazi-Jäger

■ Simon Wiesenthal

Simon Wiesenthal Foto: AP

Die Welt kennt ihn als Nazi- Jäger. Über 6.000 Kriegsverbrecher hat er nach eigenen Angaben gesucht. 1.100, so Simon Wiesenthal, habe er den Gerichten übergeben. Seit Kriegsende macht der ebenso hochgeehrte wie tiefverhaßte Wiesenthal nichts anderes. Und bis zur Sendung des ARD-Magazins Panorama am Donnerstag, bei der ihm vorgeworfen wurde, seine Beteiligung an der Verfolgung der Nazigrößen stets übertrieben zu haben, gab es an seiner Tätigkeit keinen Zweifel.

Er wolle, so schrieb Wiesenthal in seinen Erinnerungen, daß die zur Rechenschaft gezogen würden, die „meine Kameraden in den Ghettos, die meine Mithäftlinge in den Konzentrationslagern gedemütigt, gequält und ermordet haben“. Daß er am Leben geblieben sei, während „Begabtere, Klügere, Anständigere gestorben waren“, nannte er stets als Grund für seine Suche nach den Tätern von damals.

Der 1908 im galizischen Buczacz geborene Wiesenthal arbeitete als Architekt in Lemberg, als er 1941 den Nazis in die Hände fiel. Nach Gefangenschaft in 12 Konzentrationslagern befreiten ihn die Amerikaner im Mai 1945 aus dem KZ Mauthausen. Er wurde Mitarbeiter in der amerikanischen War Crimes Unit, später schuf er sich seine eigene Einheit zur Verfolgung von Kriegsverbrechern: das Jüdische Dokumentationszentrum in Wien. Von seinem kleinen Büro in der Wiener Salztorgasse aus agiert der inzwischen 87jährige nach wie vor als Gerechtigkeitsfanatiker. Daß er entscheidend dazu beitrug, den Organisator der Judenvernichtung, Adolf Eichmann, in Argentinien aufzustöbern, galt bisher als sicher. Warum Wiesenthal allerdings dem einstigen Wehrmachtsoffizier Kurt Waldheim einen Persilschein ausstellte und ihm so die Wahl zum Bundespräsidenten in Österreich ermöglichte, ist immer schon umstritten gewesen und trug ihm die Feinschaft des Jüdischen Weltkongresses ein.

Als vor drei Jahren Erkenntnisse eines US-Beamten bekannt wurden, Wiesenthal habe insgesamt „kaum etwas Positives zur Verfolgung von Kriegsverbrechern beigetragen“, nahm er die Vorwürfe, wie er damals sagte, „mit Humor“: „Ein Jude heilt seine Wunden, indem er die Situation verspottet, die ihm diese Wunden beigebracht hat.“ Ob er jedoch mit diesem Humor auch auf die Panorama-Vorwürfe reagieren wird, ist fraglich. Einen Tag vor der Sendung wurde er mit Kreislaufproblemen in ein Wiener Krankenhaus eingeliefert. Daniel Asche

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen