Das Portrait: Der letzte Idealist
■ Täve Schur
Täve Schur, das größte Sportidol der DDR Foto: taz-archiv
Er gehört zu den Besten, die der Radrennsport je hervorgebracht hat. Zweimal war Gustav-Adolf Schur, seit jeher „Täve“ genannt, Sieger der Friedensfahrt, zweimal holte er olympisches Metall, und zweimal war er Weltmeister. Eine dritte WM (in Folge!) vergab er 1960 freiwillig, indem er seinem Landsmann Bernhard Eckstein den Weg zum Sieg ebnete.
Den Erfolg für sein Land stellte Schur, der heute seinen 65. Geburtstag feiert, stets über seinen persönlichen Ruhm. Weit über seine Zeit als Sportler hinaus war er der populärste Mensch der DDR überhaupt. Von 1953 bis 1961 war er alljährlich „DDR-Sportler des Jahres“, mit riesigem Vorsprung wurde er 1989 zum „besten Sportler in 40 Jahren DDR“ gewählt. 1958 trat er in die SED ein und ließ sich in die Volkskammer wählen. Täve empfand die Berufung als Chance, für das zu wirken, was er für wahrhaft erstrebenswert hielt: den Aufbau des Sozialismus. „Wir radeln zusammen“, beschrieb er seine Gesellschaftsauffassung, „die ersten weichen den Schlaglöchern aus und warnen die nächsten, und wenn jemand Schaden hat, halten alle an.“
Seine riesige Popularität sah Schur, der erst mit 19 zum Radsport kam, immer nur als Anlaß, Vorbild zu sein, da zu sein, wenn man ihm sagt, er werde gebraucht. Im März 1990 zog er erneut in die Volkskammer ein, diesmal für die PDS. Mit dem Ende der DDR („Mir hat der Kopf gebrannt!“) sah auch Gustav- Adolf Schur das Ende seiner Zeit als Politiker gekommen und er beklagt heute „enorm viele menschliche Enttäuschungen durch die Wende“.
Ein wenig hat sich jedoch auch Täve Schur mit den neuen Verhältnissen arrangiert. Seinen Sohn Jan, der sehr zu seinem Unwillen Radprofi in Italien geworden war, unterstützt er beim Aufbau eines Sporthotels im Harz, und selbst verdiente er sich als Betreuer von Urlaubsreisen für Radtouristen nach Italien ein wenig zur schmalen Rente hinzu. „Für mich ist das eine Gelegenheit, meinen Namen und meine Erfahrung tätig zu vermarkten.“ Jo Benjamin
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