piwik no script img

Das PortraitDer Enkel

■ Gert-Rudolf Flick

Gert-Rudolf Flick: Sein Kriegsgewinnler-Erbe löst Streit in Oxford aus Foto: taz-Archiv

Geld stinkt nicht. Daß dieser Spruch nicht nur alt, sondern auch falsch ist, mußte Gert-Rudolf Flick jetzt feststellen. Der Enkel des Kriegsverbrechers Friedrich Flick, der sein Wirtschaftsimperium im Dritten Reich mit Arisierungen und Sklavenarbeit begründet hatte, wollte jetzt einen Lehrstuhl am Balliol College einrichten, einem Teil der Universität Oxford. Und das gibt Ärger.

Flick, den seine Freunde „Muck“ nennen, wurde 1943 im französischen Rombach geboren. Er ging in Düsseldorf zur Schule und meldete sich nach dem Abitur freiwillig zur Bundeswehr. Später studierte er Jura in München, promovierte Ende der sechziger Jahre und ging als Praktikant zur Deutschen Bank nach Düsseldorf. Bereits 1966 war Flick Miteigentümer der Friedrich Flick KG geworden. 1975 wurden Flick und seine Geschwister aus der Firma gedrängt. Ihre Abfindung wurde auf je 400 Millionen Mark geschätzt.

1985 heiratete Flick in zweiter Ehe Donatella Misikoff-Horowitz, mit der er in ein beachtliches Anwesen im Londoner Stadtteil South Kensington zog. Donatella, von der er sich im Januar trennte, sponserte fortan die englische Nationaloper, Gert-Rudolf machte die Universität Oxford zum Objekt seiner Großzügigkeit: 850.000 Mark für einen „Flick-Lehrstuhl für die Geschichte der Europäischen Idee“. Das „Universitätskomitee für ethische Fragen“ war einverstanden: Seiner Ansicht nach hat der „Name Gert-Rudolf Flick nichts mit den schrecklichen Ereignissen in Deutschland während der dreißiger Jahre und während des Krieges“ zu tun.

Andere sahen das ganz anders. Der Ethik-Dozent David Selbourne schrieb, er schäme sich für sein College: „Das ist ein Verrat an Balliols humanistischem Ruf.“ Und Nazi-Experte Tom Bower schrieb gestern im Guardian: „Das ist Blutgeld.“ Den Einwand, daß man den Enkel nicht für die Sünden seines Großvaters verantwortlich machen könne, wieß Bower zurück: Es gebe eine „direkte, ununterbrochene Verbindung zwischen Friedrich Flicks Verbrechen, Mucks ererbtem Vermögen und der Flick-Spende an Balliol“. Gert-Rudolf Flick wolle mit dem Geld lediglich den „braunbefleckten Familiennamen“ rehabilitieren. Das College hat nun einen Kompromiß vorgeschlagen: Der Lehrstuhl soll nicht einfach den Familiennamen, sondern auch den Vornamen des Spenders tragen. Ralf Sotscheck, Dublin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen