Das Portrait: Der Durchdrücker
■ Viktor Klima
Er hat den Ruf, auch unpopuläre Maßnahmen unbeschadet durchdrücken zu können. Als Finanzminister hat der Sozialdemokrat den ÖsterreicherInnen mehr Geld aus der Tasche gezogen als alle seine Vorgänger. Trotzdem gilt er als populärstes Regierungsmitglied – Beliebtheitsgrad steigend.
Viktor Klima (49) hatte bereits als Verkehrsminister die undankbare Aufgabe, im Rahmen der EU-Beitrittsgespräche in Brüssel das Transitabkommen auszuhandeln. Es bescherte Österreichs Alpenstraßen wesentlich mehr Schwerverkehr, als die Umwelt auf die Dauer verträgt. Trotzdem qualifizierte sich der dynamische Verhandler damit als künftiger Herr über das Staatssäckel.
Viktor Klima wurde bekannt, als ihn Vranitzky im Wahlkampf 1995 zu einer TV-Debatte gegen Jörg Haider schickte. Während andere Regierungspolitiker sich im Rededuell mit dem Rechtspopulisten stets blamiert hatten, brachte Klima den vorlauten Herausforderer ins Schwitzen. Mit seinem „Seins net so nervös, Herr Dr. Haider“ wurde Klima zum Triumphator.
Anders als der scheidende Kanzler Vranitzky hat er weniger Berührungsängste, wenn es um Haiders FPÖ geht. Zwar hat das SPÖ-Präsidium am Samstag abend beschlossen, daß die Abgrenzungspolitik gegenüber den Freiheitlichen fortgesetzt werden soll, doch versprach sich Haider selbst in Anspielung auf die bevorstehende Hofübergabe einen „positiven Klimawechsel“.
Den Ausschlag für die einstimmige Designierung Klimas zum neuen Kanzler dürfte dessen erfolgreiche Abwicklung des Banken- Coups gegeben haben. Der Finanzminister hatte es Anfang des Monats geschafft, gegen den Widerstand des Koalitionspartners ÖVP den Verkauf der Bundesanteile der „schwarzen“ Creditanstalt an die „rote“ Bank Austria durchzudrücken. Angesprochen auf die Hintergründe der scharfen ÖVP- Attacken, hatte Klima noch vor wenig mehr als einer Woche gemeint: „Wenn die ÖVP einen Vranitzky-Nachfolger prügeln will, dann muß sie jemanden anderen prügeln.“ Der Regierung wolle er höchstens bis 1998 zur Verfügung stehen. Ob er tatsächlich in zwei Jahren ausrangiert wird oder die SPÖ als Zugpferd in die Nationalratswahlen 1999 führt, hängt wohl davon ab, ob der neue Kanzler den ÖsterreicherInnen auch das nächste Sparpaket mit einem gewinnenden Lächeln verkaufen kann. Ralf Leonhard
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