Das Portrait: Der Rammbock des Präsidenten Samper
■ Horacio Serpa
Kolumbiens Regierung ist derzeit nur beschränkt mobil. Präsident Ernesto Samper hat seit letztem Jahr Einreiseverbot in die USA, und Innenminister Horacio Serpa darf seit Donnerstag das Land nicht mehr verlassen. Das verfügte Generalstaatsanwalt Alfonso Valdivieso, der gegen den ehemaligen Debattenchef im Wahlkampf des heutigen Staatschefs wegen Verschleierung illegaler Finanztransaktionen ermittelt. Serpa soll für seinen Chef Dollarspenden in sechsstelliger Höhe von einem der Capos des Medellinkartells entgegengenommen haben. Der schnauzbärtige Minister ist einer der treuesten Gefolgsmänner des umstrittenen Präsidenten.
Serpa, ein Mann mit linker Vergangenheit auf dem Uni- Campus, hatte seine beste Zeit, als er gemeinsam mit dem Konservativen Alvaro Gomez und dem ehemaligen Guerillero Antonio Navarro die Verfassunggebende Nationalversammlung leitete, die 1990/91 ein modernes Grundgesetz schuf. Dessen Artikel 35, einer der meistdiskutierten Abschnitte der Magna Charta, verbietet die Auslieferung von Kolumbianern an die Justiz anderer Länder – spätestens seit damals ist Serpa ein Dorn im Auge der USA, die die Drogenbosse in ihre Hochsicherheitsgefängnisse stecken und deren Vermögen konfiszieren wollen.
Auch innerhalb des eigenen Kabinetts hatte Serpa oft mehr Feinde als Freunde. Bevor die Regierung Samper wegen der Drogengeldaffäre bewegungsunfähig wurde, hatte er einen Dialog mit der Guerilla in einer entmilitarisierten Zone im Landesinneren angebahnt. Die Initiative brach wie ein Kartenhaus zusammen, als der damalige Verteidigungsminister Fernando Botero auf die Guerillakommandanten eine Kopfprämie aussetzte. Botero sitzt inzwischen als ehemaliger Wahlkampfleiter Sampers hinter Gittern und mußte seine Ambitionen auf die Präsidentschaft begraben. Ganz anders Horacio Serpa, der sich mit der Dickköpfigkeit, die die Kolumbianer den Bewohnern der Provinz Santander zubilligen, von der Liberalen Partei zu den Wahlen 1998 ins Rennen geschickt werden möchte. Die Wahl des nationalistischen Serpa wäre für die USA die unerwünschte Fortsetzung der Samper-Regierung. Um dies zu verhindern, versucht Generalstaatsanwalt Valdivieso, den Innenminister rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. Ralf Leonhard
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen