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Das PortraitDer Prälat von Misereor

■ Norbert Herkenrath

Prälat Norbert Herkenrath ist tot. Der Hauptgeschäftsführer des Bischöflichen Hilfswerkes Misereor starb am 7. Mai im Alter von 67 Jahren an Krebs.

Als Norbert Herkenrath vor 15 Jahren von der Deutschen Bischofskonferenz an die Spitze von Misereor berufen wurde, war er Pfarrer in Pedro Segundo in Brasilien und recht unbekannt. Letzteres sollte sich rasch ändern. Schon die erste große Kampagne unter seiner Verantwortung „Ich will Mensch sein“, die sich gegen das Apartheidregime in Südafrika wendete, führte zu massiven Protesten der CSU.

Bei der Gründung von Misereor 1958 hatte der damalige Kölner Kardinal Josef Frings dem Hilfswerk mit auf den Weg gegeben, daß es Struktur- und Sozialreformen fördern und nicht Almosen verteilen solle. In dieser Tradition stand das Misereorprojekt der Unterstützung der Landpastorale in Brasilien. Dieses Projekt des „empowerment“ vom landlosen Landarbeitern, wie man heute sagen würde, geriet um 1989 unter Marxismusverdacht und löste heftige Debatten aus. Herkenrath reagierte auf diese Kritik auch sehr persönlich. Zu seinem 60. Geburtstag bat er an der Stelle von Geschenken um Spenden für die „Comissao Pastoral de Terra“.

Mit der gemeinsam mit dem BUND publizierten Studie für ein zukunftsfähiges Deutschland machte Misereor deutlich, daß der Slogan „anders leben, damit andere überleben“ nicht nur individuell gemeint ist, sondern

Der Misereor-Geschäftsführer Norbert Herkenrath wird heute beerdigt Foto: dpa

ganz konkret eine ökologische Wende in Deutschland einfordert. Diese prononcierten Stellungnahmen haben nicht immer allen Spendern von Misereor zugesagt. Norbert Herkenrath hat aber nicht nur viele kritische junge MitarbeiterInnen nach Misereor geholt und gefördert, als lebensbejahender Rheinländer mit Bodenhaftung war er auch fest in seiner Kirche und der deutschen Gesellschaft verankert. Seine morgendlichen Fastenandachten im Rundfunk erfreuten sich einer großen Popularität.

Das Vertrauen ist gerechtfertigt. Die Projekte sind in der Regel – natürlich gibt es Fehlschläge – gut konzipiert, und sie knüpfen an den Stand der entwicklungspolitischen Diskussion an.

Es wird nicht leicht sein, eine Persönlichkeit zu finden, die es in ähnlicher Weise vermag, mehr Gerechtigkeit einzufordern und ein so breites Spektrum von Menschen glaubwürdig anzusprechen. Roger Peltzer

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