Das Portrait: Linke GALierin führt Hamburger Fraktion
■ Antje Möller
Antje Möller soll die hanseatischen Grünen in eine staatstragende Truppe verwandeln Foto: Archiv
Wenn Antje Möller mal eben den Unterschied zwischen gutem und bösen Müll erklärt, geht schnell ein Stündchen ins Land, ohne daß man wirklich bis zu den Tiefen des komplexen Problems durchgedrungen wäre. Denn die Umweltexpertin der Hamburger Grün-Alternativen Liste (GAL) ist eine ebenso detailverliebte wie hingebungsvolle Fachpolitikerin. Ab sofort wird sich die 40jährige Ingenieurin bei einer neuen Aufgabe den Mund fusselig reden müssen: Die Parteilinke Möller wurde Montag abend zur GAL- Fraktionsvorsitzenden gewählt und muß die erstmals in Hamburg mitregierenden Grünen in eine staatstragende Truppe verwandeln.
Die zahlreichen Rot- Grün-SkeptikerInnen in der GAL gilt es ins Regierungsboot zu ziehen und behutsam an die neue Rolle heranzuführen. „Rot-Grün ist kein Lustprojekt“, sagt sie, „aber man kann etwas daraus machen.“ Wie gut sie sich auf Krisenmanagement versteht, stellte die Frau aus der zweiten Reihe bereits im turbulenten Vorfeld ihrer Wahl unter Beweis. Obwohl der Fraktionsspitzenposten nach Proporz einer linken Frau zusteht, beharrte der Realo Martin Schmidt darauf, der bessere Kandidat zu sein. Unter Möller wollte der 64jährige Altphilologe, der sich zu Recht für den besseren Redner und die bekanntere Persönlichkeit hält, nicht als Vizefraktionschef dienen. Die Partei geriet ins Schwitzen, die Entscheidung wurde vertagt. Möller führte hinter den Kulissen Gespräche, und Schmidt gab schließlich nach.
Die breite Zustimmung für Möllers Kandidatur ist mehr als nur die Anerkennung von linken Ansprüchen auf einen Spitzenposten. Sie hat nicht unerheblich dazu beigetragen, daß die murrende Basis den rot-grünen Koalitionsvertrag mit Zweidrittelmehrheit absegnete. Sie galt für viele GALier als authentisches Mitglied der Verhandlungskommission. Kleinlaut und unglücklich sagte sie während der Koalitionsgespräche, ihr sei es „noch nie so schlecht gegangen“. Dennoch sei es „zu früh, um aufzuhören“.
Für Möller, die zur gefürchteten Linksaußen- gruppe „Zwischen allen Stühlen“ (ZAS) gehört, war das ein riesiger Schritt. Und da sie „keine Generalistin“ zu werden gedenkt, bleibt auch für den begnadeten Selbstdarsteller Schmidt noch genug Platz, sich als Vize zu profilieren. Silke Mertins
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