Das Portrait: Kambodschas Tiger
■ Hun Sen
„Keine Sorge, wenn ich verliere, werde ich innerhalb von fünf Stunden friedlich die Macht übergeben“, versprach der 46jährige Kettenraucher und Schachspieler Hun Sen vor den Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag. Nur wenige glaubten daran. Jetzt hat sich Premierminister Hun Sen, der seinen Kopremier Prinz Ranariddh Norodom im vergangenen Jahr aus dem Amt putschte, zum Wahlsieger erklärt, obwohl die Stimmen noch nicht ausgezählt sind. Doch es gibt kaum Zweifel, daß Hun Sen an der Spitze der nächsten Koalition steht.
Hun Sen hat eine bemerkenswerte Karriere gemacht: Er gehörte der von Vietnam in Phnom Penh eingesetzten Regierung seit der Vertreibung der Roten Khmer an, wurde mit 28 Jahren Außenminister, 1981 Politbüromitglied und 1985 Premier. Trotz seiner Jugend galt er schon damals als der fähigste kambodschanische Politiker, der von ausländischen Diplomaten geschätzt wurde, „weil er sich von den Apparatschiks wohltuend unterschied“.
Wie viele Altersgenossen ging der Bauernsohn nur wenige Jahre zur Schule, was ihm bis heute zu schaffen macht. 1970 war Hun Sen dem Aufruf des gerade durch einen Putsch gestürzten Prinzen Sihanouk gefolgt, gegen die von den USA gestützte Regierung Lon Nols zu kämpfen. Es war die Zeit des geheimen Krieges gegen Kambodscha, bei dem über 400.000 Menschen im Hagel der US-Bomben starben. Hun Sen schloß sich den Roten Khmer an, wurde fünfmal verwundet und verlor sein linkes Auge. 1975 übernahmen die Roten Khmer die Macht, der mehr als eine Million Menschen zum Opfer fielen. Hun Sen floh 1977 nach Vietnam. Zwei Jahre später marschierten die Nachbarn in Kambodscha ein und mit ihnen Hun Sen.
Als seine „Kamboschanische Volkspartei“ bei den Wahlen 1993 nur zweitstärkste Kraft wurde, weigerte er sich, abzutreten. Doch die „zweiköpfige Regierung“, in der sich Hun Sen und Prinz Ranariddh die Macht teilten, war zum Scheitern verurteilt. Der eitle Prinz war dem Kopremier nicht gewachsen und wurde von ihm im Juli 1997 vertrieben.
Hun Sen läßte seine riesige Residenz im Süden der Hauptstadt von einer über 2.000 Mann starken Leibgarde bewachen. Einheimische nennen den Ort verschüchtert: „Die Höhle des Tigers“. Jutta Lietsch, Phnom Penh
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