Das Portrait: Vom Hubschrauber bald auf den Thron
■ Prinz Abdallah
Eigentlich schien die jordanische Thronfolge schon lange geregelt. Seit über 30 Jahren hatte Hassan, der jüngere Bruder des jordanischen Königs Hussein, das Amt des Kronprinzen inne. Doch der unglückliche Hassan war in den letzten Monaten bei seinem Bruder in Ungnade gefallen, als er für mehrere Monate kommissarisch die Regierungsgeschäfte des krebskranken Königs übernommen hatte. Kurz bevor der Monarch sich gestern wieder zu einem Krankenhausaufenthalt in die USA begab, wählte er Prinz Abdallah, den ältesten seinen fünf Söhne, zum Nachfolger. Er stammt aus der 1972 geschiedenen Ehe des Königs mit der Britin Toni Gardiner alias Prinzessin Mona.
Anders als sein Vorgänger Hassan war der neue Thronprinz Abdallah bisher wenig auf der politischen Bühne zu sehen. Wie sein Vater an der britischen Militärakademie Sandhurst ausgebildet, machte er zunächst Karriere im Militär. Er diente in einer britischen Brigade in Deutschland, später führte er in Jordanien eine Panzereinheit, bevor er seine Liebe für das Fliegen von Kampfhubschraubern entdeckte. Vor fünf Jahren wurde er Chef der „Sondereinheit für Operationen der Streitkräfte“, die zwischen der Armee, dem Geheimdienst und der Polizei koordinieren soll.
Nicht zuletzt dank seines bisherigen Amtes werden dem 37jährigen gute Beziehungen zum Militär nachgesagt – ein in der arabischen Welt überlebenswichtiges Detail für jeden Staatschef. Doch auch unter den Beduinenstämmen im jordanischen Osten soll sich Abdallah großer Beliebtheit erfreuen. Sie gelten als die wichtigste Machtsäule der haschemitischen Dynastie. Auch seine Ehe mit Prinzessin Rania, die palästinensischen Ursprungs ist, dürfte seinem Ruf unter der mehrheitlich palästinensischen Bevölkerung Jordaniens nicht abträglich sein.
Abdallah gilt bei seinen Untergebenen als verständiger Chef ohne arrogantes Machtgehabe, der sich auch um die Weiterbildung seiner Mitarbeiter kümmert. Nun muß er aber zunächst einmal unter Beweis stellen, daß er außer Hubschrauberfliegen, Fußballspielen und einer Vorliebe für Autorallyes noch andere Qualitäten hat, die es ihm ermöglichen, in Zukunft sein kleines Land zwischen den übermächtigen israelischen und irakischen Nachbarn auf der Bühne der Weltpolitik zu führen. Karim El-Gawhary
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