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Archiv-Artikel

Das Klima retten und Geld sparen

Mit dem „Integrierten Klima- und Energiepaket“ will die Bundesregierung ihr Versprechen für die Konferenz von Bali einlösen. Auf die Verbraucher kommen hohe Investitionen zu – und angeblich noch höhere Einsparungen. Der praktische Leitfaden:

VON NIKOLAI FICHTNER

Der Klimaschutz kommt auf jeden einzelnen Bürger zu. Gestern verabschiedete die Bundesregierung ein „Klima- und Energiepaket“: 15 Gesetze und Verordnungen, die die Eckpunkte der Kabinettsklausur von Meseberg im August umsetzen. Anders als beim bisher wichtigsten Klimaschutz-Instrument, dem Emissionshandel, sind die Bürger diesmal direkt betroffen: als Hausbesitzer, Mieter oder Stromkunden.

Mit dem Paket will die Bundesregierung die Treibhausgas-Emissionen in Deutschland bis 2020 um 36 Prozent im Vergleich zu 1990 senken. In Bali bietet sie derzeit 40 Prozent an. Kosten soll die Modernisierung die Verbraucher langfristig nichts. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) rechnet bis 2020 mit Investitionen in Höhe von 31 Milliarden Euro – bei gesparten Energiekosten in Höhe von 36 Milliarden. Was das Klimapaket für die Bürger bedeutet:

Für Hausbauer: Wer ein Haus neu baut, das ab 2009 fertig wird, muss einen Teil seiner Heizwärme aus erneuerbaren Energien gewinnen. Beispiel Solarthermie: Pro 100 Quadratmeter Wohnfläche müssen laut Wärmegesetz 4 Quadratmeter Sonnenkollektoren aufs Dach. Wählt man Biogas, Pellets oder Erdwärme, gilt: mehr als die Hälfte der Heizenergie muss aus den Erneuerbaren kommen. Das Ziel: Bis 2020 soll der Anteil erneuerbarer Energien bei der Wärmeversorgung von heute 6 auf 14 Prozent steigen.

Für Hausbesitzer: Der Vorschlag, auch Besitzer bestehender Häuser zum Einsatz erneuerbarer Wärme zu zwingen, wurde in letzter Minute gekippt – die Kontrollen wären der Regierung zu schwierig geworden. „Das Gesetz wäre ins Leere gelaufen“, begründete Gabriel die Entscheidung. Stattdessen setzt die Bundesregierung auf Einsicht – und will mit Fördermitteln nachhelfen. Zur Unterstützung gibt es nächstes Jahr 350 Millionen Euro, ab 2009 dann 500 Millionen. Wer sein Haus saniert, also zum Beispiel Fenster und Dach erneuert, muss sich an höhere Standards anpassen: Die „Energieeinsparverordnung“ verschärft ab 2009 die Effizienz-Anforderungen um 30 Prozent.

Für Mieter: Die Heizkosten zahlt der Mieter, die Investitionen in bessere Technik müsste der Vermieter zahlen – ein Rezept für den Stillstand. Darum prüft die Bundesregierung das so genannte „Contracting“-Modell. Die Idee: Auch der Vermieter soll etwas davon haben, wenn er den Heizkessel austauscht oder die Fenster dämmt. Wenn der Mieter dadurch 50 Euro bei den Nebenkosten spart, bekäme der Vermieter einen Anteil daran durch eine Umlage auf die Miete. Entschieden wird über das Modell erst im Mai, die Regierung wartet noch auf ein Rechtsgutachten des SPD-Justizministeriums.

Für Stromkunden: Der Zuschlag, den Kunden über ihre Stromrechnung für erneuerbare Energien bezahlen, steigt von derzeit 1 Euro pro Monat auf 1,40 Euro. Damit will die Bundesregierung den Anteil der Erneuerbaren an der Stromversorgung von heute 14 auf bis zu 30 Prozent im Jahr 2020 ausbauen. Die Novelle des „Erneuerbare-Energien-Gesetz“ (EEG) sieht zum Beispiel vor, dass die Offshore-Windkraft mit 14 Cent pro Kilowattstunde gefördert wird – genug, um einen Investitionsboom vor den Küsten auszulösen. Eine der wichtigsten Stromquellen der Zukunft sollen mit einem Anteil von 25 Prozent Kraftwerke werden, die gleichzeitig Strom und Wärme herstellen.

Für Ökotechnikstreber: Bei herkömmlichen Stromzählern konnte man nur sehen, wie sich das Alu-Rädchen dreht. Neue, elektronische Geräte sollen in einem liberalisierten Markt für Messunternehmen vertrieben werden. Dann könnten Kunden zu jedem Zeitpunkt sehen, wie viel Strom ihr Haushalt verbraucht – und die Waschmaschine nachts einschalten. Eine dann gleichmäßigere Netzauslastung könnte ganze Kraftwerke überflüssig machen.