■ Das Kirchenvolk hat begehrt: Zeit abgelaufen
Mit dem Begehren hat die katholische Kirche so ihre Probleme. Und mit dem Kirchenvolksbegehren, das gestern auch in Berlin offiziell beendet wurde, erst recht. Statt wie bisher zu den von oben verordneten ewigen Wahrheiten Ja und Amen zu sagen, wollte die Basis plötzlich mitbestimmen über Frauen am Altar, verheiratete Priester und eine vernünftige Sexuallehre. Viele Schäfchen haben ihr Kreuzchen für diese Reform der Kirche gemacht. Doch die Amtskirche stellte sich tot: Kein Kommentar zu der Basisbewegung, keine Hilfe beim Unterschriftensammeln, keine Teilnahme an Podiumsdiskussionen. Auf diesen Veranstaltungen, wo sich die Gläubigen den Frust von der Seele redeten, fehlten die Oberhirten. Berlins Kardinal Georg Sterzinsky verweigerte den Dialog und will den Konflikt aussitzen. Ein deutliches Zeichen dafür, daß Kirchenmänner noch immer in Jahrhunderten denken.
Dabei hätten sie auf diesen Veranstaltungen einiges lernen können. Nicht nur, wie groß der Zorn an der Basis ist, sondern wie die Stimmung sich langsam ändert. Zu der Alternative Flucht oder Resignation kommt nun eine kleine Hoffnung auf Veränderung, ob mit oder ohne Oberhirten. Nicht zufällig hieß das Motto des Begehrens in Anlehnung an die Montagsdemos in Leipzig „Wir sind Kirche“. Vor sechs Jahren hat schon einmal ein Regime alter Männer zu spät gemerkt, daß seine Zeit abgelaufen war. Bernhard Pötter
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