Das Imperium schlägt zurück

■ Der Kino-Gigant UFA rüstet seine Hamburger Lichtspielhäuser auf Von Rainer Glitz

Die Zeit des Schachtelkinos ist endgültig vorbei. Wo bis vor kurzem das Mekka des Kinos im Wohnzimmerformat im unverfälschten Interieur der späten 70er Jahre stand, befindet sich heute eine Baugrube. Mehrere Bagger haben den Gänsemarkt vom „UFA-Palast“ befreit, und kein Cineast der Stadt wird ihm so recht eine Träne nachweinen. „Hamburg ist ein Kino-Platz, wo viel passieren muß“, pries Manfred Glöde, UFA-Verwaltungsdirektor Nord, gestern die Neubaupläne an. Seinem Konzern ist die Umgestaltung seiner insgesamt zehn Lichtspielhäuser in der Hansestadt 80 Millionen Mark wert.

Ein Teil davon ist schon verbaut. „Wir haben die Kinos auf der Reeperbahn wieder besuchbar gemacht“, erklärte Glöde das umfassende Renovierungskonzept. Mit dem großen Kino der Vergangenheit wollen die Betreiber die von filmischen Wiederaufbereitungsanlagen frustrierten FernsehzuschauerInnen wieder in die Säle locken. So wurde das Savoy am Steindamm fast in den Originalzustand von 1957 versetzt. 588 ZuschauerInnen finden Platz vor der zweitgrößten Leinwand Hamburgs – nicht ganz so viele wie damals, dafür aber bei größerer Beinfreiheit. Im ebenfalls umgerüsteten Streit–s am Jungfernstieg fand gestern mit der Premiere von „Eine französische Frau“ die aktuellste Wiedereröffnung statt, doch die UFA plant weit Größeres.

Bis zum Spätsommer nächsten Jahres soll aus der Baugrube am Gänsemarkt ein neuer, gigantischer Kinokomplex mit insgesamt 3400 Plätzen erwachsen. Auf sieben Etagen will das Multiplex in zehn vollklimatisierten Kinosälen – Größenordnung: 160 bis 850 nicht mehr klappbare Sessel – ein „echtes Erlebnis“ bieten. Zusätzlich zu bester Sicht auf Riesenleinwände und digitalem Dolby-Stereo-Sound sind drei Foyer-Ebenen mit über 1000 Quadratmetern Fläche und zahlreichen concessions, soll heißen: Popkorn-, Burger- und Colabuden, geplant. „Kernstück des Ganzen ist Transparenz, die Beziehung von innen und außen“, erklärt Architekt Frank Hörster, bundesweit tätiger Spezialist für „Erlebnis-Kinos“, die Funktion der Glasfront zur Bü-schstraße hin. „Die Leute sollen vom Gänsemarkt her sehen: Hier ist etwas los“, ergänzt UFA-Pressesprecherin Tanja Güß.

Nur 500 Meter trennen das 40- Millionen-Mark-Projekt des Marktführers vom Bauplatz der Konkurrenz: Am Dammtor-Bahnhof zieht die Flebbe-Holding das Cinemaxx hoch. Ebenfalls im Herbst 1996 sollen dort dann 2700 Plätze in acht Kinosälen fertig sein. Flebbe plant überdies weitere Großkinos in Harburg, am Nobistor und in Wandsbek. Goldene Zeiten also für die Cineasten Hamburgs, rund 23.000 Kinosessel harren dann ihrer. Allerdings: Die Event-Kinos werden fast nur Mainstream-Ware zeigen. Vielleicht doch noch eine Chance für die kleinen und Programmkinos.