: Das Aus für die Grünen
■ betr.: Leserbrief "Fürs grüne Vereinsblättle", taz vom 20.4.90
betr.: Leserbrief „Fürs grüne Vereinsblättle“, taz vom 20.4.90
Das beste am Leserinnenbrief von Ulrike Thomas, Stadträtin der Grünen in Mannheim, ist die Offenheit, mit der sie die Grüne Partei als linkes Projekt reklamiert. Im Grunde wird doch bei den Grünen der Streit der linken Strömungen der siebziger Jahre fortgesetzt. Und darauf hat sich die grüne Partei in den letzten Monaten geradezu dramatisch verengt.
Das reicht allerdings weder für eine linke noch für eine ökologische Reformpartei. Für eine ökologische nicht, weil die Ökologie durch die Flügelkämpfe links gegen anders-links unter die Räder kam. Und für eine linke Partei nicht, weil diese linke Politik, wie sie Frau Thomas vorschwebt, schon in den siebziger Jahren falsch war und gescheitert ist. Daß Damen und Herren wie Frau Thomas dann eben wegen dieses Scheiterns bei den Grünen eingelaufen sind, und zwar ohne Änderung der Positionen, sollte für die grüne Partei zum Verhängnis werden.
Zwar hat man/frau jetzt wie in Mannheim alle Apparate in der Hand, aber dafür keine Basis mehr. Das Aus für die Grünen ist nicht nur unumgänglich, sondern mittlerweile muß man auch sagen notwendig, damit das Feld der Ökologie politisch neu besetzt werden kann.
Die Mannheimer Realogruppe der Grünen, die im übrigen nur aus Linken bestand, ist deshalb aus der Partei ausgetreten, um sich auf den morgigen Tag vorbereiten zu können. Wir haben AG ÖKOPOL (Arbeitsgemeinschaft für Ökologie und Politik) gegründet. Hier werden wir auch ohne Messerstecherei darüber nachdenken, was denn nun linke Politik im Spätkapitalismus vor dem Hintergrund der sich immer mehr zuspitzenden ökologischen Krise ist.
Und da ist auf jeden Fall Platz genug links von der SPD, ohne dabei auf die revolutionäre Erhebung der Massen zu schielen. Die Fehleinschätzung des Subjekts wird im übrigen zu den wenigen bleibenden „historischen Leistungen“ der Linken gehören. In diesem Punkt allerdings gibt es eine unausgesprochene linke Einigkeit.
Karl-Heinz Schwarz-Pich, Mannheim AG Ökopol
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