■ Das Attentat gegen Makedoniens Präsidenten Gligorov: Was von einem Menschen abhängt
Vorsicht mit kühnen Vergleichen, gerade in der Balkanpolitik. Das Attentat von Skopje läßt sich nicht an dem von Sarajevo messen. Aber die Bedeutung von Kiro Gligorov, dem makedonischen Präsidenten, für den Zusammenhalt seines Staates und die Stabilität der weiteren Region, kann man kaum überschätzen. Als „Fuchs des Balkans“ wird er von Freunden und Feinden bezeichnet. Füchse sind zähe Überlebenskünstler. Die Eigenschaft wäre jetzt dringend gefragt. Vom Schicksal eines Einzelmenschen hängt das Überleben eines Staates nur in Ausnahmefällen ab. Aber der Staat, der noch immer mit dem von dem ungeliebten Titel FYROM (ehemals jugoslawische Republik Mazedonien) auskommen muß, ist für sich schon eine Ausnahme. Mehr noch: Auf dem Balkan von heute ist ein ethnisch gemischter und dennoch leidlich stabiler Staat schon ein kleines Wunder.
Das Wunder wäre ohne Gligorov nicht möglich gewesen. Er hat Makedonien in eine staatliche Unabhängigkeit gesteuert, der entgegen pessimistischer Prognosen das Schicksal Bosniens erpart geblieben ist. Er hat die albanische Minderheit erfolgreich integriert, indem er ihr mehr Rechte bot und ihre gemäßigten Vertreter in die Regierung einlud. Er hat gute Beziehungen mit Bulgarien entwickelt, keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Denn Sofia hat zwar seinen Staat anerkannt, nicht aber die Slawomakedonier als Nationalität mit einer eigenen Sprache.
Und er ist dabei, ein vernünftiges Verhältnis zu Griechenland zu entwickeln. Nur Gligorov hatte die Autorität, die Änderung der Staatsflagge durchzubringen, ohne sich dem Vorwurf des „nationalen Ausverkaufs“ auszusetzen. Deshalb konnten seine Gegner, die den Verzicht auf den „Stern von Vergina“ als Verrat empfinden, nur mit einer Bombe reagieren. Mit demokratischen Methoden können sie die Bevölkerung nicht gegen Gligorov aufbringen. Der ist heute, als schwerverletzter Vater der Nation, auf dem Gipfel seiner Popularität angekommen.
Und das nicht nur im eigenen Lande. Auch die Griechen werden jetzt merken, was sie an einem berechenbaren Partner wie Gligorov haben. Sie müssen fürchten, daß jetzt die Dynamik des guten Willens, die sich zwischen Athen und Skopje entwickelt hat, verpufft. Eine neuer Krisenherd in der Region ist das letzte, was die Balkan-Diplomaten sich wünschen. Alle hoffen auf den Überlebenskünstler. Wären Politiker so fromm wie der Papst, würden sie jetzt in Europa und den USA um die Wette beten. Niels Kadritzke
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