■ Das Amt des Generalbundesanwaltes als Privatbesitz: Unsere FDP-Justiz
Daß die Parteien, die laut Grundgesetz für die „politische Willensbildung“ zuständig sind, sich den Staat und seine Ämter hemmungslos zur Beute gemacht haben, ist ein ebenso ausdauernd wie wirkungslos beklagter Mißstand des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Mit welcher Unverfrorenheit allerdings derzeit die FDP im Fall Alexander von Stahl diese Praxis perpetuiert, kann selbst resignierten Kritikern des erfolgreichen Beutefeldzuges der Parteien noch einmal den Atem rauben.
Ganz offensichtlich betrachten die „Liberalen“ das Amt des obersten Staatsanwalt in dieser Republik als Teil ihres Parteivermögens, als Privatbesitz, über den ausschließlich sie nach eigenem Gutdünken verfügen können. Dies entspräche zwar der Koalitionsarithmetik, wonach die CDU über das Innenministerium und diesem nachgeordnete Ämter autonom verfügt, während die FDP die Justiz als ihren Erbhof betrachtet, doch vor dem Hintergrund des umfassenden Versagens des Generalbundesanwaltes wird dieses Besitzstandsdenken jetzt wohl auf die FDP zurückschlagen. Wenn wir diesem Ärgernis von Partei nicht zugute halten wollen, daß ihr Ehrenvorsitzender, der vorbestrafte Graf von Lambsdorff, über viel Erfahrung mit der Strafverfolgung verfügt, so ist es eine unterirdische Auffassung, daß ausschließlich ihr Parteivorstand darüber bestimmen kann, ob er einen der seinen für eines der wichtigsten Ämter der angeblich unabhängigen Justiz für weiterhin tragbar hält oder nicht.
Alexander von Stahl ist überfällig; seine Entlassung muß heute, nicht morgen erfolgen – auch wenn die FDP noch keinen Ersatzkandidaten gefunden hat. Das Amt des Generalbundesanwaltes ist gerade angesichts der rechtsradikalen Bedrohung viel zu wichtig, als daß es erneut – wie es bei von Stahl der Fall war, der als mäßig erfolgreicher Anwalt in Berlin herumdümpelte – mit einem zu versorgenden Parteifreund besetzt werden kann. Es bedarf eines erfahrenen Strafverfolgers, dem es nicht vor allem anderen darum geht, sich als RAF-Jäger zu profilieren. Der neue Generalbundesanwalt muß in der Lage sein, auf die Herausforderung, welche die Welle rassistischer Gewalt für die Rechtskultur und den Rechtsstaat bedeutet, mit Sachverstand und Entschlossenheit zu antworten. Warum nicht einmal ein von allen Parteien unabhängiger Jurist? Oder gar eine Juristin?
Wenn die Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger dies nicht zu erkennen vermag, wäre sie eine ähnliche Fehlbesetzung wie ihr Parteifreund, dem sie bisher blind die Treue hält. Michael Sontheimer
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