■ Ersatzteil: Niere: Dankbar sein
Organtransplantationen sind in Deutschland umstritten. Das zeigt die fünfjährige Debatte um das immer noch nicht verabschiedete Transplantationsgesetz, ebenso wie die geringe Zahl von OrganspenderInnen. Resultat: Ärzte beklagen einen Mangel an Organen. Das zeigt sich auch in der Bremer St. Jürgen-Klinik, wo seit 1989 Nieren transplantiert werden: Zur Zeit stehen dort 238 PatientInnen auf der Warteliste; im letzten Jahr wurden 46 Nieren eingepflanzt. Die Organe kommen allerdings von der Stiftung „Eurotransplant“ im niederländischen Leiden. Von dort werden sie passenden EmpfängerInnen europaweit zugeteilt. Die taz im Gespräch mit der Ärztin Katharina Gross vom Transplantationszentrum St. Jürgen.
Ist eine Bevorzugung von PatientInnen für Transplantationen möglich, weil es so wenige Organe gibt?
Wir arbeiten mit Eurotransplant zusammen, weil wir genau wissen, daß dort nach den Richtlinien gearbeitet wird, nach denen wir selber arbeiten. Von dort werden auch bei uns entnommene Organe an PatientInnen vermittelt. Sonst könnte man sich ja vielleicht wirklich mal beeinflussen lassen. Jetzt nicht durch Geld, um das es in unserer Gesellschaft ja oft geht, sondern durch ein Schicksal vielleicht. Das geht Gott sei dank nicht. Leiden entscheidet, wer das Organ bekommt. Und ich weiß dadurch, daß ich für meine Patienten das bekomme, was für sie das Geeignetste ist.
Welche Voraussetzungen zur Transplantation gibt es?
In Deutschland können nur Dialysepatienten zur Nierentransplantation angemeldet werden. Es gibt allerdings Patienten, die wir nur mit Bauchschmerzen auf die Liste nehmen. Patienten, die beispielsweise einmal an Krebs erkrankt waren. Organtransplantationen sind mit erheblichem Krebsrisiko verbunden – aber die Patienten sagen oft, „das ist mir scheißegal, so will ich nicht mehr weiterleben.“
Fragen Patienten nach der Herkunft des Organs?
Ja, oft. Aber wir sagen das natürlich nicht. Wir sagen, das Organ stammt von einem Toten und wird so entnommen, wie wir selbst auch Organe entnehmen, da geht alles mit rechten Dingen zu. Und daß er oder sie doch bitte dankbar sein soll, daß sich ein Mensch bereit erklärt hat, sein Organ zu spenden.
Was ist nach der Operation?
Man muß wissen, daß Nieren nach der Transplantation nicht gleich funktionieren und daß eine nervenzehrende Wartezeit beginnt, die ja unter Umständen in Abstoßung enden kann. Inwiefern die Patienten vorher erkennen, was da auf sie zukommt – ich glaube, das können die so gar nicht erfassen. Hinterher hört man öfter den Satz: Wenn ich das gewußt hätte.
Welches Angebot gibt es für Patienten, die Angst und anderen Fragen haben?
Im psychologischen Dienst werden die Patienten betreut, die das möchten. Der Wunsch ist manchmal gar nicht so groß. Es ist ja eine gewisse Hemmschwelle dabei. Wenn Patienten dann entlassen werden, muß ich sagen, kümmern wir uns herzlich wenig darum. Int.: ede
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