Daimler verlagert Produktion in die USA: C-Klasse im Billigdollarland
Jetzt ist es entschieden: Die C-Klasse wird in Zukunft in den USA und in Bremen gebaut. Ein Schock für die Arbeiter und für die Region Stuttgart. Grund: der billige Dollar.
Als die Entscheidung des Daimler-Vorstandes am Mittwoch Morgen bekannt wurde, hielt es die Arbeiter nicht mehr an ihren Bändern: Das nächste Modell der C-Klasse werden ab 2014 nicht mehr sie bauen.
Die Produktion wandert zu 60 Prozent nach Bremen, zu 20 Prozent ins US-Werk Tuscaloosa im Bundesstaat Alabama und der Rest nach Südafrika und China ab. 2000 Euro pro Fahrzeug will das Unternehmen so sparen, vor allem durch den günstigen Dollar-Kurs.
Die Beschäftigten in Sindelfingen versammelten sich vor dem Gebäude der Werksleitung zu einer lautstarken Kundgebung. Die Produktion stand kurzzeitig still. Viel zu schwammig waren ihnen die Aussagen der Konzernleitung.
Man werde "attraktive Beschäftigungsangebote" für sie finden, ein Arbeitsplatzabbau sei im Zusammenhang mit der Verlagerung der C-Klasse nicht vorgesehen. 35 Prozent aller verkauften Mercedes-Benz Wagen waren im vergangenen Jahr eine C-Klasse; als Ausgleich soll Sindelfingen den Sportwagen SL bauen dürfen. Der Konzern gibt an, für 1.800 Mitarbeiter eine neue Beschäftigung suchen zu müssen.
Wie diese genau aussieht, darüber verhandelt ab nächster Woche der Betriebsrat mit dem Daimler-Vorstand. "Grundlegend falsch und in ihrer Wirkung fatal", nannte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Erich Klemm die Entscheidung. Erstaunlich ist, was das Unternehmen nicht kommuniziert: Beispielsweise, ob lediglich Kündigungen ausgeschlossen und auslaufende Stellen einfach nicht neu besetzt werden. Oder ob die Belegschaft Lohneinbußen hinnehmen muss, was Klemm vorsorglich bereits ausschloss.
Zudem lautet das Versprechen laut Personalchef Porth lediglich: "Deutschland und Sindelfingen bilden weiterhin das Herz unseres Produktionsverbundes." Wegen der in fünf Jahren geplanten Neuorganisation der Produktion werde es in Sindelfingen keinen Stellenabbau geben. Kreatives Auffinden anderer Gründe für Entlassungen schließt das nicht aus. Bei Daimler läuft noch bis 2011 ein im Jahr 2004 ausgehandelter Kündigungsschutz.
Die Szenarien, die Daimler vorlegt, scheinen nicht sehr stichhaltig: Mitten in einer der größten Absatzkrisen des Konzerns glaubt man bei Daimler, bis 2015 die Produktion um 50 Prozent auf 1,5 Millionen Fahrzeuge erhöhen zu können. Im Gespräch sind auch "alternative Antriebe", die in Sindelfingen gebaut werden könnten. Ob darunter Wasserstoff-Fahrzeuge gemeint sind, deren Serienstart seit den 90er Jahren regelmäßig verkündet oder mit Batteriestrom angetrieben Elektroautos, dazu wollte ein Sprecher keine Angaben machen. Der E-Smart jedenfalls wird momentan in Kleinserie in Rastatt produziert.
Die IG Metall packt nun den einzigen Knüppel aus, den sie hat. Die erst in diesem Jahr angelaufene Produktion der neuen Mercedes-Benz E-Klasse im Werk Sindelfingen mit seinen 37.000 Mitarbeitern wird bis Weihnachten Samstags bestreikt. Die restlichen Modelle werden gerade ohnehin weniger gebaut.
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