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Dänenpartei SSW in Schleswig-HolsteinSozialdemokraten ohne Zusätze

Die dänische Minderheitenpartei SSW wird künftig wohl in Schleswig-Holstein mitregieren. Politisch steht sie nah an den Themen des linken SPD-Flügels.

Gut gelaunt: Robert Habeck (Grüne), Anke Spoorendonk (SSW), Torsten Albig (SPD, v.l.n.r.) Bild: dpa

KIEL taz | Nun also regieren. Anke Spoorendonk, Lars Harms und Flemming Meyer, die drei Abgeordneten des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW) im Kieler Landtag, machen nicht den Eindruck, als schrecke sie diese Vorstellung. Bei einem Landesparteitag hatte die Minderheiten-Partei beschlossen, eine Koalition eingehen zu wollen, wenn es nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein rechnerisch mit der SPD und den Grünen klappt.

Das ist der Fall – also setzten sich Spoorendonk, Harms und Meyer, der zudem Parteivorsitzender ist, mit der SPD zu Sondierungsgesprächen zusammen. Der erste Termin findet am Freitag statt, am Tag vorher will der SPD-Spitzenkandidat Torsten Albig mit den Grünen reden.

Albig braucht den SSW, um zu regieren, der SSW will verhindern, dass die CDU weiterregieren kann – Streit wird es kaum geben. Der wichtigsten Forderung des SSW haben SPD und Grüne vorab zugestimmt: Sie wollen die dänischen Schulen genauso fördern wie deutsche Regelschulen. Viel hat mit Atmosphäre zu tun: „Wir wollen einen anständigen Umgang, Probleme müssen im Dialog gelöst werden“, sagte Flemming Meyer vor einigen Wochen in einem Kulturhaus der dänischen Minderheit in Schleswig, das Albig bei seiner Wahlkampftour besuchte.

In öffentlicher Runde führten die beiden schon mal ein Vorsondierungsgespräch. Albig versprach finanzielle Zugeständnisse: „Wegen kleiner Summen im großen Haushalt“ solle die Partnerschaft nicht auf Spiel gesetzt werden: „Die Sozialdemokratie möchte Ihnen deutlich sagen, dass wir ein verlässlicher Partner sind.“

Meyer nannte kostenlose Schülertransporte für die dänischen Kinder. Dazu schwieg Albig: Beitragsfreie Schulbusse sind eine alte und strittige Forderung von SPD-Landesparteichef Ralf Stegner. Der SSW möchte trotz der Schuldenbremse eine Reihe sozialer Einrichtungen fördern: „Gestalten statt fantasieloses Streichen“, heißt es im Wahlprogramm. Meyer nannte das Landesblindengeld an, das CDU und FDP halbiert hatten.

Partei für Minderheitenrechte

Insgesamt steht der SSW für Themen und Forderungen aus dem linken SPD-Spektrum. Die Partei setzt sich für Minderheitenrechte ein, für die der Dänen und Friesen, aber auch für Sinti und Roma und Zuwanderer. Gute Arbeitsbedingungen, Mindest- und Tariflöhne sind Themen.

Die Partei, die vor allem im infrastrukturschwachen Norden stark ist, will Straßen ausbauen, darunter die Autobahn und die feste Verbindung nach Dänemark über die Ostseeenge bei Fehmarn. Dies und die Frage der Haushaltskonsolidierung werden eher mit den Grünen schwer zu verhandeln sein.

Je etwa 50.000 Menschen in Schleswig-Holstein bekennen sich zur friesischen und dänischen Minderheit. Damit sie politisch vertreten sind, befreite das Bonn-Kopenhagener Abkommen aus dem Jahre 1955 den SSW von der Fünfprozentklausel. Die Partei wirbt aber auch um Wähler jenseits der Minderheiten, immerhin sei nur sie ein „schleswig-holsteinisches Naturprodukt ohne Berliner Zusätze“.

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4 Kommentare

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  • M
    Marti

    Vielleicht sähe die taz das gern, aber der SSW steht nicht am linken Rand der SPD. Anke Spoorendonk hat den SSW mal als "Volkspartei" der beiden Minderheiten beschrieben.

     

    Oder hier ein O-Ton vom SSW-Vorsitzenden Flemming Meyer aus einem gestrigen Interview über die Zusammenarbeit mit rot-grün: "Politisch gesehen, ist die dänische Minderheit eine kunterbunte Schar, und wir werden ohne Zweifel gezwungen sein, einige Entscheidungen zu treffen, an denen sich einige unserer konservativen Mitglieder stören".

     

    Die feste Verbindung über den Fehmarnbelt befürwortet die Partei nicht, sondern lehnt sie ab.

     

    @Bine: Also, die dänischen Sozialdemokraten unter Helle-Thorning Schmidt verfolgen ja mehr einen wirtschaftsfreundlichen Kurs mit Steuersenkungen für Besserverdienende (vielleicht etwas vergleichbar damals mit Gerhard Schröder oder Tony Blair). Auch die Socialistisk Folkeparti (SF) ist ja inzwischen deutlich in die Mitte gerückt (vielleicht ähnlich wie die deutschen Grünen). Ob das alles den deutschen Linken so gefallen würde? Die deutsche Linkspartei würde ich eher mit Enhedslisten vergleichen. Aber das nur am Rande.

  • B
    Bine

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    Genauso, wie von der Leserin Jana beschrieben ist es, links wie die dänischen Sozialdemokraten und die Socialistisk Folkeparti ist der SSW nicht, sondern viel eher eine bürglerliche Mittelstandspartei. Wer eine linke Partei so wie die dänischen Sozialdemokraten wählen möchte, kann in Schleswig-Holstein nur die Linken wählen.

  • J
    Jana

    Der Artikel hat im übrigen wieder (!) einen dicken Fehler: Der SSW lehnt die Fehmarnbelt-Querung ab! Ich versteh nicht, warum die taz nun schon zum zweiten Mal behauptet, der SSW würde die Fehmarnbeltverbindung befürworten. Das Gegenteil ist der Fall. Das lässt sich auf der Seite des SSW auch nachlesen.

     

    Dieser Punkt wird mit den Grünen also sicher nicht "schwer zu verhandeln sein", im Gegenteil.

     

    Das Hauptargument des SSW gegen eine solche Verbindung ist -so wie ich es mitbekommen habe- vor allem die schlechte Kosten-Nutzen-Kalkulation. Man befürchtete, dass eine teure Fehmarnbelt-Querung andere wichtige Verkehrsprojekte (Eisenbahnbrücke Rendsburg, Schleusen Nord-Ostseekanal, Ausbau der A7, Ausbau der Westküstenautobahn, Umgehungsstraße Hattstedt) verzögern oder sogar unmöglich machen könnte. Hinzu kommt natürlich die Furcht, dass die Region Südschleswig/Jütland von einem Verkehrsweg Hamburg-Fehmarn-Kopenhagen-Malmö abgekoppelt werden würde.

  • J
    Jana

    Dass der SSW dem "linken Flügel der SPD" nahe stehen würde, halte ich so für nicht richtig. Es gibt natürlich eine große Schnittmenge mit der SPD, programmatisch liegen sich beide Parteien wahrscheinlich am nächsten (Beispiel Bildungspolitik). Der SSW hat aber auch eine deutlich liberalere Bürgerrechtspolitik und verfolgt nicht zuletzt eine -man könnte sagen- bürgerliche Mittelstandspoltik. Hinzu kommt, dass es im SSW natürlich auch konservative Kräfte gibt.

     

    Ich glaube, in Deutschland wird der SSW oft als mehr-oder-weniger "links" wahrgenommen, weil er sich an skandinavischen Gelleschaftsmodellen orientiert, die in Deutschland eben größtenteils als links oder sozialdemokratisch wahrgenommen werden.

     

    Hinzu käme noch das -fast schon traditionell- schlechte Verhältnis zwischen SSW und CDU in Schleswig-Holstein (wie zuletzt bei der CDU-Wahlkampagne gesehen). Solche auffallenden Spannungen gibt es zwischen SSW und FDP oder Grünen in der Regel nicht.