DROGEN: Engmaschigeres Methadon-Netz
Die Substitution mit Methadon soll nach strengeren Kriterien erfolgen: Wer trinkt oder psychosoziale Hilfe verweigert, fliegt raus. Der Datenschutz soll flexibler werden
Die Betreuung und Kontrolle der mit Methadon substituierten Drogenabhängigen in Bremen soll ausgebaut werden. Dazu gehört die verbindliche Verknüpfung der Methadon-Vergabe mit psychosozialer Hilfe. Wer letztere nicht in Anspruch nimmt - derzeit liegt die Quote bei lediglich 50 Prozent - wird von der Vergabe ausgeschlossen.
Darauf einigte sich nun ein runder Tisch, an dessen Arbeitsgruppen alle maßgeblichen Institutionen wie Krankenkassen, Gesundheitsressort, Ärzte und Drogenhilfe teilnahmen. Diese ungewöhnliche Zusammenarbeit werde bundesweit beobachtet, sagt Jörg Hermann, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung. Dabei sei das Engagement keineswegs nur der großen Aufmerksamkeit durch den Fall Kevin und dem Fund von Kokain in Kinderhaaren geschuldet.
Nach 20 Jahren Methadon-Vergabe in Bremen sei es Zeit für einen "Schnitt", sagt Anton Bartling, Referent für Suchtkrankenhilfe im Gesundheitsressort. Der bestehende gesetzliche Rahmen sei ausreichend, müsse in der Umsetzung aber konkretisiert, die Beteiligten müssten sensibilisiert werden. Zudem müsse die Alkoholproblematik stärker in den Mittelpunkt rücken. "Alkoholiker und Junkies gehören nicht mehr strikt getrennten Szenen an", bestätigt der Bremer Arzt John Koc. Konsequenz: Substitute werden künftig nur noch bei 0,00 Promille vergeben.
Um die Substituierten stärker auch auf anderen "Beigebrauch" - die Einnahme von Drogen neben dem ärztlich verordneten Methadon - kontrollieren zu können, sollen aufwendige Analyseverfahren zur Anwendung kommen. Deren Finanzierung wird nun mit den Krankenkassen verhandelt. Des Weiteren soll eine Muster-Schweigepflichtentbindung den Informationsaustausch sicherstellen. Bislang habe sich der Datenschutz hier oft als hinderlich erwiesen, sagt Manfred Adryan von der AOK. Selbst ihm als Vorsitzendem der "Qualitätssicherungskommission Substitution" werde nicht mitgeteilt, bei welchen Kindern Kokain im Haar gefunden wurde. Dabei müsse gelten: "Kinderschutz geht vor Datenschutz."
Der runde Tisch will auch die Apotheken in die Pflicht nehmen. Per Leitfaden und Ehrenkodex soll erreicht werden, dass bei Missbrauchsverdacht beispielsweise keine Opiate verkauft werden. Auch Rezeptfälschungen nähmen zu.
Primär betroffen von den Beschlussvorschlägen des runden Tisches sind die 1.550 Abhängigen, deren Versorgung von den Krankenkassen bezahlt wird. Insgesamt leben im Land Bremen 1.800 substituierte Menschen, unter ihnen rund 150 Häftlinge der JVA Oslebshausen. Warum sind Betroffene oder Ehemalige selbst nicht beim runden Tisch dabei? "Das werden wir nachholen", sagt Bartling. Hinderlich sei allerdings die vor drei Jahren erfolgte Auflösung der Bremer Selbsthilfegruppe "Jes".
Die CDU hat derweil ganz andere Probleme. Sie wirft dem runden Tisch vor, er würde "nur punktuell Themen aufgreifen". Daher sei nun "der Landesgesetzgeber aufgefordert", die Drogenpolitik "selbst in die Hand zu nehmen". Dazu müsse zunächst eine Enquetekommission eingesetzt werden.
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