■ DOUBLE VON SADDAM HUSSEINS SOHN GELANG DIE FLUCHT: Der doppelte Udai Hussein
Der doppelte Udai Hussein
Wien (taz) — Sein Aussehen wurde Kamal Rashid (Name geändert) zum Verhängnis. Der irakische Student, der gestern beim „Nationalkongreß“ irakischer Oppositioneller in Wien auftrat, hat verblüffende Ähnlichkeit mit Saddam Husseins ältestem Sohn Udai.
Während seines Studiums wurde Kamal vom irakischen Geheimdienst aus der Uni geholt. Er solle als Double des Präsidentensohnes dienen, wurde ihm erläutert. Die Aussicht gefiel dem jungen Iraker überhaupt nicht, denn Udai Hussein ist im Irak ebenso verhaßt wie Saddam. Udai, den sein Vater zum Vorsitzenden des „Olympischen Komitees Iraks“ ernannt hat, gilt als gewalttätiger Draufgänger, dem einige Morde zugeschrieben werden. Als Kamal daher andeutete, daß er das „Angebot“ nicht annehmen wollte, drohten die „Sicherheitskräfte“, sich „an seine Familie zu wenden“.
Die nächsten Jahre wurden für Kamal zur Hölle. Sorgfältig wurde er darauf trainiert, sich zu bewegen und zu reden wie Udai Hussein. Im Laufe seiner „Ausbildung“ traf er zu seiner Überraschung auf zwei Doppelgänger Saddam Husseins und ein Double des jüngeren Hussein-Sohns Hassan.
Kamal hatte die Aufgabe, das offizielle Udai-Bild zu festigen. Er betete vor laufenden TV-Kameras in Moscheen und ging zu Wohltätigkeitsveranstaltungen. Der echte Udai vergnügte sich derweil bei Partys und in Nachtclubs. Daß der Job mitunter lebensgefährlich werden konnte, merkte Kamal, als ein anderer Udai-Doppelgänger erschossen wurde. Die Attentäter wollten den echten Präsidentensohn treffen, den sie für die Vergewaltigung einer Studentin verantwortlich machten.
Nach der irakischen Invasion Kuwaits, am 2. August 1990, gehörte Udai zu den eifrigsten Plünderern des Scheichtums. Dabei trat er so offen auf, daß Gerüchte über seine Raubzüge nicht mehr zurückzuhalten waren. Kamal mußte die Angelegenheit bereinigen. Im irakischen Fernsehen wurde er im Oktober 1990 als Krimineller präsentiert, der reuevoll gestand, als Udai verkleidet in Kuwait gewütet zu haben.
Kamal hatte Glück. Entgegen den offiziellen Verlautbarungen über seine Hinrichtung wurde er kurz vor Beginn des zweiten Golfkrieges als Soldat in den Norden des Landes geschickt. Vielleicht, weil er noch gebraucht wurde. Während des Krieges fand er bei Kurden Unterschlupf, die ihm über die Grenze in die Türkei verhalfen.
Schlechter erging es vermutlich einem anderen Doppelgänger. Während der Aufstände im Süden des Landes verbreiteten Schiiten die Nachricht, sie hätten Udai Hussein getötet. Kurze Zeit später tauchte Saddams Ältester lebend auf irakischen Fernsehschirmen auf. Thomas Dreger
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