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DOKUMENTATIONNeudefinition des Verhältnisses von Staat und Bürgern

■ Der brandenburgische Verfassungsentwurf bricht mit dem Parteienmonopol und erklärt Ökologie zur Staatspflicht

3. Abschnitt: Politische Gestaltungsrechte

Artikel 22 (Recht auf politische Mitgestaltung)

(1) Das Recht auf politische Mitgestaltung ist gewährleistet.

(2) Jede Bürgerin und jeder Bürger mit ständigem Wohnsitz im Land Brandenburg hat nach Maßgabe der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung das gleiche Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern. Eine Entlassung ooer disziplinarrechtliche Bestrafung wegen einer Betätigung in Bürgerinitiativen, Verbänden, Religionsgemeinschaften oder Parteien ist unzulässig.

(3) Jeder hat das Recht, sich in Bürgerinitiativen oder Verbänden zur Beeinflussung öffentlicher Angelegenheiten zusammenzuschließen. Diese haben das Recht auf Information durch alle öffentlichen Stellen und auf Vorbringen ihrer Anliegen bei den zuständigen Stellen und Vertretungskörperschaften. Näheres regelt ein Gesetz.

(4) Jeder hat das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige Unterlagen der Landesregierung, der Behörden des Landes und der Träger kommunaler Selbstverwaltung, soweit ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht ist und Rechte Dritter oder überwiegendes Allgemeininteresse nicht entgegenstehen. Wer durch Vorhaben in seinen Rechten und Belangen betroffen wird, hat das Recht auf Verfahrensbeteiligung. (Alternative: Wer durch Vorhaben in seinen Rechten oder Belangen betroffen wird, hat das Recht auf Verfahrensbeteiligung, einschließlich das Recht, von den zuständigen Behörden die Einholung von Gutachten zu verlangen.) Dieses Recht steht auch Zusammenschlüssen von Betroffenen zu. Näheres regelt ein Gesetz.

Artikel 23 (Wahlen und Volksabstimmungen)

(3) Wahlen und Volksabstimmungen sind allgemein, unmittelbar, gleich, frei und geheim. Zur Teilnahme an Wahlen sind Parteien, politische Vereinigungen, Listenvereinbarungen und unabhängige Bürger berechtigt. Die Abgeordneten werden nach einem Verfahren gewählt, das die Persönlichkeitswahl mit den Grundsätzen der Verhältniswahl verbindet. Im Wahlgesetz können Sperrklauseln bis höchstens drei Prozent vorgesehen werden (Alternative: Sperrklauseln sind unzulässig.) Wahlprüfung und Abstimmungsprüfung stehen den Volksvertretern für das jeweilige Wahlgebiet zu. Ihre Entscheidungen unterliegen der gerichtlichen Nachprüfung. Das Nähere regelt ein Landesgesetz.

8. Abschnitt: Natur und Umwelt

Artikel 42 (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen)

(1) Der Schutz der natürlichen Umwelt und der gewachsenen Kulturlandschaft als Lebensgrundlage gegenwärtiger und künftiger Generationen ist Pflicht des Landes und aller Bürger.

(2) Tier und Pflanze werden als Lebewesen geachtet. Art und artgerechter Lebensraum sind zu erhalten und zu schützen.

(3) Die staatliche Umweltpolitik hat auf den sparsamen Gebrauch und die Wiederverwendung von Rohstoffen und auf die sparsame Nutzung von Energie hinzuwirken.

(4) Land, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die Pflicht, die Umwelt vor Schäden oder Belastungen zu bewahren und dafür Sorge zu tragen, daß eingetretene Umweltschäden beseitigt oder ausgeglichen werden. Sie sind verpflichtet, gegenwärtige und zu erwartende ökologische Belastungen zu dokumentieren. Öffentliche und private Vorhaben bedürfen des Nachweises ihrer Umweltverträglichkeit. Die Ablagerung von Abfällen, die nicht im Gebiet des Landes entstanden sind, ist nur in Ausnahmefällen zulässig und ausgeschlossen, sofern sie nach ihrer Beschaffenheit in besonderem Maße gesundheits- und umweltgefährdend sind. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(5) Jeder hat das Recht, zum Schutz der Gesundheit vor Verletzungen oder unzumutbarer Gefährdung oder bei erheblicher Beeinträchtigung der Lebensqualität durch nachteilige Veränderungen der natürlichen Lebensgrundlagen die Unterlassung von gefährdenden Handlungen, Schadenersatz oder Ausgleichsmaßnahmen zu verlangen. Jeder hat das Recht auf Offenlegung der Daten über die Beschaffenheit der natürlichen Lebensgrundlage seines Lebenskreises.

(6) Eigentümer und Betreiber von Anlagen haben über mögliche und eingetretene Folgen auf die natürliche Umwelt eine Offenbarungspflicht. Wer Umweltschäden verursacht, haftet und ist für deren Beseitigung oder für Ausgleichsmaßnahmen verantwortlich. Eigentum kann eingeschränkt oder entzogen werden, wenn durch seinen Gebrauch wissentlich die Umwelt schwer beschädigt oder gefährdet wird. Das Nähere regelt ein Gesetz.

(7) Die Verbandsklage ist zulässig.

(8) Das Land wirkt darauf hin, daß auf dem Landesgebiet keine atomaren, chemischen oder biologischen Waffen gelagert und keine Anlagen zur Erzeugung und Nutzung der Kernenergie errichtet werden.

Anhang:

Die folgenden Abschitte werden als Minderheitenvoten zur Diskussion gestellt.

X. Abschnitt: Der ökologische Senat

Artikel a (Ökologischer Senat)

Zur Förderung des Schutzes der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage gegenwärtiger und künftiger Generationen wird ein ökologischer Senat gebildet.

Artikel b (Zusammensetzung, Gesetzesvorbehalt)

(1) Der Ökologische Senat setzt sich aus 32 Mitgliedern zusammen, die zur Hälfte vom Landtag und zur anderen Hälfte von den Kreistagen und den Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte für die Dauer von sechs Jahren gewählt werden. Einmalige Wiederwahl ist zulässig. Sie dürfen keiner gesetzgebenden Körperschaft angehören. Sie sollen mindestens 75 vom Hundert aus den Reihen anerkannter, landesweit tätiger Umweltverbände, Verbraucherverbände und wissenschaftlicher Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die überwiegend Umweltforschung betreiben, berufen werden. Die Mitglieder des Ökologischen Senats sind weisungsunabhängig und nicht an Anträge gebunden. Sie sollen sich durch Sachkenntnis und Erfahrung in ökologischen Fragen auszeichnen.

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