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DOKUMENTATIONDie Folgen des Lagers

■ Was die AsylbewerberInnen in Sammelunterkünften erwartet/ Aus einem psychosozialen Gutachten

Wir wissen heute, daß viele Gemeinschaftsunterkünfte aus allen Nähten platzen. Angefangen vom Gebäude 183 C am Frankfurter Flughafen über das Lager Schwalbach bis hin zu anderen Lagern gibt es kaum eine Unterkunft, deren Belegung nicht die zwei- beziehungsweise dreifache Kapazität übersteigt.

Ein Überblick über die Probleme:

Überfordertes Personal: Angesichts der Fülle von Aufgaben im Lager und der personellen Unterbesetzung kann von den SozialarbeiterInnen nur Fragmentarisches geleistet werden. Auch ein gut gemeintes Engagement bewirkt das Gegenteil.

Mangelnde Hygiene: Fehlende Sauberkeit in Gemeinschaftsräumen, sanitären Anlagen und in einem Teil der Zimmer durch Verschlampung und Verwahrlosung. (Wenn der andere nicht oder schlecht putzt, warum soll ich es dann tun?)

Die psychosoziale Problematik:

—Zwangsgemeinschaft,

—permanente Kontrolle und Beurteilung,

—kein Privatbereich,

—sich ständig beobachtet fühlen bis hin zum Voyeurismus,

—Kollision verschiedener Kulturen und sich widersprechender Ansprüche, Einstellungen, Religionen und Weltanschauungen,

—ständige Angstsituation (Ungewißheit der Asylgewährung, der Abschiebung) multipliziert mit der Anzahl der BewohnerInnen, die darüber auch reden,

—Aggression gegenüber den unbewältigten Zwängen und existenzbedrohenden Ungewißheiten durch Zerstörung gewisser Lagereinrichtungen (Vandalismus), durch köperliche Angriffe (Massenschlägereien, Messerstechereien), durch Verbalisierungen (Denunziationen, Verleumdungen, Bedrohungen, Erpressungen),

—fehlende emotionale Beziehungen und Eingliederung

—Anonymität (der Mensch als Verwaltungsobjekt),

—die Fremdversorgung, die zu Abhängigkeiten führt.

Das innere und äußere Konfliktpotential, mit dem der einzelne Asylbewerber lebt, steigt auf ein schwer ertragbares Maß, vor allem durch: das Erlebnis der unerfüllbaren Erwartungen, die an den Asylbewerber gestellt werden und denen er nicht nachkommen kann, weil ihm die Forderungen der Verwaltungsbürokratie ungewohnt und unvernünftig erscheinen; seine Willenlosigkeit, seine Apathie; der Verlust der Eigeninitiative; die Überadaptierung, sein devotes Entgegenkommen.

Diese Form von psychischen Problemen scheint nach einiger Zeit den betroffenen Asylbewerber im Lager schwerer oder kaum mehr „integrierbar“ für die Lebensgemeinschaft zu machen. Entsprechend verstümmelt seine Fähigkeit der Reintegration in den Arbeitsprozeß bei einer eventuellen Rückkehr in sein Heimatland.

Es steht heute zweifellos fest, daß ärztliche Untersuchungen bei vielen Flüchtlingen ergeben, daß sich die meisten Patienten über Kopfweh, Schlaflosigkeit, Darm- und Magenkrankheiten sowie Störungen im Verdauungsbereich beklagen. Jean-Claude Diallo

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