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Archiv-Artikel

DNA-Datei für Diebe

Justizministerin Zypries will die Fahndung mit dem genetischem Fingerabdruck von rückfallgefährdeten Straftätern effektiver machen

VON CHRISTIAN RATH

Künftig können auch die DNA-Profile von Kleinkriminellen in der Wiesbadener DNA-Datei gespeichert werden. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) stellte gestern eine entsprechende Neuregelung vor, die bis Ende des Jahres im Bundestag verabschiedet sein soll.

Bisher wird das DNA-Profil eines Straftäters oder Verdächtigen nur gespeichert, wenn dieser erhebliche Straftaten – zum Beispiel Mord, Vergewaltigung oder Einbrüche – begangen hat. Zudem musste eine Prognose ergeben, dass Wiederholungsgefahr besteht. Künftig soll es für eine Speicherung ausreichen, wenn der Täter „wiederholt“ kleinere Delikte wie Diebstähle oder Sachbeschädigung begangen hat, sodass sich insgesamt ein „Unrechtsgehalt von erheblicher Bedeutung“ ergibt. Ab wann die Schwelle überschritten ist, hängt vom Einzelfall ab und muss vom Richter entschieden werden.

Zypries reagiert damit auf eine Studie des Bundeskriminalamtes (BKA), die ergab, dass gerade Sexualtäter in der Regel vorher vor allem mit Diebstählen und ähnlichen Kleindelikten auffällig wurden. „Wer einen Sexualmörder sucht, muss vor allem bei den Dieben suchen“, lautet seither die Forderung unter den Kriminalisten. Künftig erhöht sich also die Wahrscheinlichkeit, dass der Abgleich einer Tatortspur (zum Beispiel ein Blut- oder Spermafleck) mit der DNA-Datenbank der rückfallgefährdeten Straftäter und Verdächtigen einen Treffer ergibt.

Die CDU/CSU hatte noch weiter gehendere Pläne. Sie wollte, dass Abnahme und Speicherung eines genetischen Fingerabdrucks zu einer routinemäßigen erkennungsdienstlichen Maßnahme wird. Das DNA-Profil wäre dann immer angefertigt worden, wenn ein Verdächtiger auch mit Fingerabdruck und Lichtbild im Polizeicomputer gespeichert wird. Dies hat Zypries gestern aber abgelehnt. „Beim DNA-Profil geht es um einen schwerwiegenden Eingriff ins informationelle Selbstbestimmungsrecht“, so die Ministerin, „da brauchen wir auch weiterhin den Richtervorbehalt.“

Doch auch die Richterschaft wird durch Zypries’ Vorschlag entlastet. Wenn ein Beschuldigter freiwillig seinen genetischen Fingerabdruck speichern lässt, dann muss künftig nicht mehr der Richter gefragt werden. Der Fall ist häufiger, als man denkt. Viele Verdächtige wollen durch die bereitwillige Preisgabe ihrer Daten Kooperationswilligkeit demonstrieren („ich hab nichts zu verbergen“).

Auch für die Untersuchung von Tatortspuren unbekannter Herkunft ist künftig kein richterlicher Beschluss mehr erforderlich. Die Polizei kann ein gefundenes Haar sofort ins Labor bringen.

Und weil der Gesetzentwurf ausgewogen aussehen soll, wird an anderer Stelle ein neuer Richtervorbehalt eingeführt. Wenn zur Aufklärung eines konkreten Verbrechens ein Massengentest, zum Beispiel mit allen Männern eines Dorfes, durchgeführt wird, dann muss dies künftig vom Richter angeordnet werden. Die Teilnahme am Test soll allerdings freiwillig bleiben, eine Verweigerung allein soll niemand zum Verdächtigen machen.