DIE WERBEPAUSE : Wenn aus Lust Frust wird
Orgien feiern offenbar immer die, von denen man es am wenigsten erwartet hätte: Nach den VW-Betriebsräten und ihren Lustreisen hat das Handelsblatt nun herausgefunden, dass auch Versicherungsvertreter keine Kinder von Traurigkeit sind: Im Juni 2007 feierte die Hamburg-Mannheimer mit ihren 100 besten Männern eine Sex-Party in der Gellert-Therme in Budapest. Die einzigen zugelassenen Frauen waren mit bunten Bändchen als Hostessen beziehungsweise Prostituierte gekennzeichnet. Etwa 20 waren dabei, die „sämtliche Wünsche erfüllen“, berichtete ein Teilnehmer.
Sogleich empörte sich der Bund der Versicherten, nannte die Sex-Party „dreist und verantwortungslos“. Allerdings kann man nicht behaupten, dass der Versicherungskonzern Ergo, in dem die Hamburg-Mannheimer inzwischen aufgegangen ist, das Thema unter den Teppich kehren würde. Nein, er stellt sich seiner Verantwortung und präsentiert in seiner die aktuelle Diskussion gespenstisch antizipierenden Werbekampagne in großer Offenheit eine junge Frau in ihrer ganzen Enttäuschung über die zwar spendablen, aber emotional unnahbaren Versicherungsheinis: „Ihr schickt mir Geld“, führt sie ein Ergo-Werbung-typisches Selbstgespräch, „aber ich brauche auch jemand, der sich kümmert.“ Ihr Blick geht ins Leere. Sie scheint den Luftschlössern nachzutrauern, die die Herren mit den Motivkrawatten für sie errichtet haben, an jenem Sommerabend in Budapest.
Vielleicht sollte ihr mal jemand die Nummer von Niklas geben, dem sympathischen Schluffi aus einer anderen Ergo-Werbung (taz vom 20. 7. 2010). Der „will versichert werden, nicht verunsichert“. Nicht auszuschließen, dass sie sich gegenseitig Halt geben könnten. DENK