DIE STIMMEN DER ANDEREN :
■ El País (Madrid)
Angst vor der Verarmung
Auf den Märkten herrscht eine panische Angst davor, dass die Eurozone wieder in eine Stagnation abrutschen könnte. Diese Befürchtung ist gerechtfertigt. Wenn Frankreich und Italien ihre Sparpolitik verschärfen, läuft Europa Gefahr, in einen neuen Zyklus wirtschaftlicher Schrumpfung einzutreten. Es werden keine neuen Arbeitsplätze geschaffen, die sozialen Spannungen nehmen zu. Die Krawalle in Großbritannien stehen in direktem Zusammenhang mit der Angst vor einer zunehmenden Verarmung.
■ Der Standard (Wien)
Frustration im Schutz der Masse
Die vernichteten Werte an der Börse sind nichts im Vergleich zum abnehmenden Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft. Wenn man selbst mit hart erlittenem Bildungsweg durch überfüllte Vorlesungssäle kaum noch Chancen für sich und seine Träume sieht, dann reicht – wie in England – ein zwar tragischer, aber letztlich profaner Anlass, um alle aufgestaute Frustration im Schutz der Masse zu entladen. Dann werden Menschen mit gerechten Anliegen Randalierer und Plünderer.
■ Das Handelsblatt (Düsseldorf)
Kampf um Anerkennung
Geht es wirklich nur ums Geld? Woran es in vielen Fällen stärker mangelt, ist etwas anderes: Anerkennung. Wer sich ausgeschlossen oder missachtet fühlt, hat im schlimmsten Fall auch keinen Respekt vor fremdem Eigentum oder sogar anderen Menschen mehr. Auch bei der Angst des Mittelstands vor dem Abstieg spielt nicht nur Geld eine Rolle, sondern die Furcht, den Respekt der Gesellschaft zu verlieren, auf den man ein Anrecht zu haben glaubt.
■ Libération (Paris)
Huldigung der Konsumgesellschaft
Was treibt die britischen Krawallmacher an? Wie so oft ist es eine Mischung aus Wut, Ärger und Langeweile, aus Provokation und Opportunismus, eine Art großer ausgestreckter Mittelfinger in Richtung aller Behörden, angefangen mit der Polizei. Und eine Huldigung an die Konsumgesellschaft – über die Plünderungen.
■ Le Figaro (Paris)
Echo der Unruhen in Frankreich
Die Krawalle in den armen Londoner Vororten könnten sich in jeder anderen europäischen Metropole abspielen. Sie sind eine Art Echo auf die, die es vor sechs Jahren in unseren Vororten gegeben hat. Die armen Vorstädte der großen Metropolen sind ein fruchtbarer Boden für eine soziale Explosion, vor allem in Krisenzeiten mit hoher Arbeitslosigkeit und Budgetkürzungen.
■ The Independent (London)
Benachteiligung erklärt nicht alles
Die Polizei ist in die Kritik geraten, weil sie angeblich zu langsam auf die Gewalt reagiert hat. Allerdings muss man in aller Fairness die Beamten auch in Schutz nehmen. Hätten sie hart durchgegriffen, hätte man ihnen eine Überreaktion vorgeworfen. Man muss auch vorsichtig sein, wenn man diesen Ausbruch von Gesetzlosigkeit auf die soziale Ausgrenzung benachteiligter Jugendlicher zurückführen will. Denn es wäre falsch, die Gewaltausbrüche der letzten Tage einzig und allein daraus abzuleiten.
■ El Mundo (Madrid)
Unter dem Druck des Vandalismus
Die Arbeitslosigkeit, fehlende Zukunftsperspektiven und soziale Ungleichheit bildeten ein Pulverfass, das nun explodiert ist. Damit kann man die Krawalle erklären, aber keineswegs rechtfertigen. Die britische Regierung muss ihre Politik ändern und sich mehr um die benachteiligten Gruppen kümmern. Sie darf dies aber nicht unter dem Druck des Vandalismus tun.