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Archiv-Artikel

DIE SOZIAL SCHWACHEN WERDEN AM MEISTEN BELASTET, SAGT DIE OECD Deutschland ganz unsozial

Reich müsste man sein in Deutschland. Dann wird man vom Staat weitgehend in Ruhe gelassen. Mit ihren jüngsten Berechnungen für das Jahr 2007 hat die OECD am Dienstag erneut vorgeführt, wie ungerecht es in der Bundesrepublik zugeht: Vor allem die Gering- und Durchschnittsverdiener tragen die Last der Steuern und Sozialabgaben. Diese Ungleichheit wurde durch die rot-grünen Steuerreformen sogar noch verschärft – von den Entlastungen profitierten nämlich langfristig ebenfalls nur die oberen Einkommensschichten, wie die OECD jetzt vorrechnet.

Mit der OECD-Analyse ist in zehn Tagen nun schon die dritte Studie erschienen, die sich statistisch mit den sozialen Verwerfungen in der Bundesrepublik befasst. Den Anfang machte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung, das konstatierte, dass die deutsche Mittelschicht schrumpft: Im Jahr 2000 gehörten noch 62 Prozent der Deutschen dazu; 2006 waren es nur noch 54 Prozent. Dann folgte das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung, das errechnet hatte, dass in den letzten drei Jahren die Reallöhne durchschnittlich um 3,5 Prozent gesunken sind – obwohl die deutsche Wirtschaft zeitgleich um 7 Prozent wuchs. Der Aufschwung ist also allein den Kapitaleignern zugutegekommen; das gab es vorher noch nie in Deutschland. Und nun dokumentiert die OECD, dass der Staat keineswegs unschuldig ist, wenn die Kluft zwischen Arm und Reich wächst.

Deutschland ist nicht mehr die „soziale Marktwirtschaft“, als die es sich so gern begreift. Stattdessen plündert dieser Staat die Schwächsten. Ausgerechnet die Geringverdiener werden am stärksten belastet, weil auch für sie die vollen Sozialbeiträge anfallen. In einer gerechten Welt würden nicht nur die Steuern, sondern auch die Abgaben zur Sozialversicherung progressiv gestaltet. Den Fehlbetrag erhielten die Krankenkassen dann als staatlichen Zuschuss. Aber wer soll das denn finanzieren?! Dieser entsetzte Ausruf fehlt nie. Die Besserverdienenden, wäre die naheliegende Antwort. Aber das ist natürlich ganz undenkbar in einem Land, in dem es selbst Rot-Grün für die oberste Aufgabe gehalten hat, die oberen Einkommensschichten noch weiter zu entlasten. ULRIKE HERRMANN