DIE REGIERUNG HAT KEIN KONZEPT FÜR DIE EINSÄTZE DER BUNDESWEHR : Kriegspartei Deutschland
Vom Oderbruch bis zum Hindukusch reichen die Aufgaben und Einsatzgebiete für deutsche Soldaten. In den 16 Jahren seit Ende des Kalten Krieges sind sie immer weiter ausgedehnt worden – von Bundesregierungen schwarz-gelber, rot-grüner und schwarz-roter Couleur. Doch bis heute hat Deutschland kein schlüssiges Gesamtkonzept, in dem Ziel und Grenzen des Einsatzes der bewaffneten Streitkräfte und die damit zu verfolgenden Interessen klar definiert wären.
Das letzte Woche vorgelegte Weißbuch erfüllt diesen Anspruch jedenfalls nicht. Von der viel beschworenen parlamentarischen Kontrolle der Auslandseinsätze der Bundeswehr kann keine Rede sein. Denn bei fast allen, insbesonders den brisanten, den völkerrechts- und grundgesetzwidrigen Einsätzen der Bundeswehr erwirkte die Regierung die Zustimmung oder Duldung des Bundestages durch Lüge, Täuschung, Nötigung. Oder zumindest durch eine unverantwortliche Verharmlosung der Lage in den künftigen Einsatzgebieten deutscher Soldaten – so vor allem in Afghanistan.
„Deutschland ist Kriegspartei in Afghanistan“, schreibt zutreffend der ehemalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Lothar Rühl, in der FAZ – jener Zeitung, die wie keine andere seit 1990 für eine möglichst weitreichende Ausdehnung der militärischen Handlungsfähigkeit Deutschlands plädiert. Wohlbegründet prognostiziert Rühl, dass die bewaffneten Konflikte in allen, auch den bislang noch als „ruhig“ geltenden Regionen Afghanistans erheblich eskalieren werden. Die Bundeswehr und die Nato-Verbündeten könnten diesen Krieg – wenn überhaupt – nur gemeinsam gewinnen und nur nach einer erheblichen Verstärkung.
Angesichts dieser Herausforderung ist es völlig konzeptionslos, wenn der einstige Befürworter der „Verteidigung Deutschlands am Hindukusch“, Peter Struck, und sein Nachfolger Franz Josef Jung nun plötzlich eine „Überdehnung“ der Bundeswehr feststellen und dieses Problem durch den Abzug oder die Reduzierung deutscher Soldaten in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo lösen wollen. ANDREAS ZUMACH