DIE RECHTE OPPOSITION UND DIE USA WOLLEN BOLIVIEN LAHMLEGEN : Evo Morales unter Druck
Der Showdown in Bolivien ist vorerst ausgeblieben. In La Paz feierten am Samstag zehntausende indigene Bauern und Bergarbeiter jene neue Verfassung, die das Regierungslager im Alleingang verabschieden musste. Ebenso festlich ging es in der oppositionellen Hochburg Santa Cruz de la Sierra und drei weiteren Provinzhauptstädten zu, wo es der Oberschicht schon seit Jahren gelingt, Stimmung gegen die Zentralregierungen im Andenhochland zu machen. In Ostbolivien wurde jetzt die „Autonomie“ ausgerufen – ein immer noch weitgehend symbolischer Akt.
Sehr real ist hingegen die politische Blockade, mit der die rechte Opposition dem Präsidenten Evo Morales das Leben schwer macht. Trotz aller Zugeständnisse des indigenen Staatschefs nach seiner Amtsübernahme im Januar 2005 war sie in keiner Phase bereit, an der neuen Verfassung konstruktiv mitzuarbeiten. Im Gegenteil: Nach monatelangem Streit über die Geschäftsordnung forderte sie die Verlagerung von Regierung und Parlament in die Hauptstadt Sucre und schürte dort die Gewalt gegen die Delegierten des Verfassungskonvents. Bis zuletzt schlug sie die Gesprächsangebote der Regierung aus.
Für die Großgrundbesitzer der wohlhabenden Tieflandprovinzen waren die Indígenas nie mehr als wohlfeile Arbeitskräfte. Jetzt, da es dank der moderaten Erdgas-Nationalisierung des Präsidenten wieder mehr Einkünfte für die Staatskassen gibt, möchten sie sich den Löwenanteil daran sichern.
Tatkräftige Unterstützung bekommen sie dabei aus Washington. Philip Goldberg, der US-Botschafter in La Paz, hat bereits einschlägige Erfahrung in Sachen „Autonomie“ gesammelt: In den 90er-Jahren arbeitete er in Bosnien, von 2004 bis 2006 im Kosovo. In Bolivien fällt er dadurch auf, dass er sich höchst undiplomatische Wortgefechte mit der Regierung liefert. Aber auch Morales hat Verbündete: neben Fidel Castro und Hugo Chávez gehören dazu der Brasilianer Lula und Michelle Bachelet aus Chile, die gestern demonstrativ zu einem Dreiergipfel nach La Paz kamen. GERHARD DILGER