DIE OPPOSITION IM LIBANON IST NICHT SO GEEINT, WIE ES SCHEINT : Syrien muss langsam weichen
Das Drehbuch war eigentlich bereits geschrieben, da hatte der syrische Präsident in Damaskus noch nicht einmal den Mund aufgemacht. Baschar al-Assad kündigte in seiner seit Tagen erwarteten Rede nun in vagen Worten den Rückzug der syrischen Truppen zunächst in die ostlibanesische Bekka-Ebene und später über die Grenze an. Und wie erwartet kam aus den USA und von der libanesischen Opposition prompt das Prädikat „nicht ausreichend“ zurück.
Assad hat am Wochenende angekündigt, seine Truppen auf die syrische Seite der Grenze abzuziehen, allerdings ohne einen Zeitplan zu nennen und ohne zu erklären, was mit der massiven Präsenz des syrischen Geheimdienstes im Libanon geschehen soll.
Doch sein Argument, dass nur ein gut organisierter Rückzug der syrischen Truppen die Stabilität des Libanon sichern kann, ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Die libanesischen Bürgerkriegsparteien, einst von Syrien befriedet, sind nämlich nicht gerade die glaubhaftesten Partner, die die Macht von den Syrern übernehmen und den Libanon in eine demokratische und friedliche Zukunft führen könnten.
Denn nicht nur in Syrien ist vieles beim Alten geblieben, als der junge Baschar al-Assad die Regierungsgeschäfte im dynastischen Stil von seinem Vater Hafis übernommen hatte. Auch im Libanon sind es immer noch die alten Clanchefs, die Dschumblatts, die Berris oder die Gemayels, die das Land im streng eingehaltenen, wenig demokratischen Religionsproporz verwalten. Darüber darf auch nicht hinwegtäuschen, dass ein Teil von ihnen heute das ukrainische Szenario kopiert und in einheitlicher Farbe auftritt.
Dass die blutigen Bürgerkriegstage von damals nicht ganz gezählt sind, zeigt, dass es inzwischen zu ersten Auseinandersetzungen zwischen libanesischen Anhängern des prosyrischen libanesischen Präsidenten und der antisyrischen Opposition gekommen ist, bei der am Wochenende sogar schon die ersten Schüsse zu hören waren. Die libanesische Sollbruchstelle zieht sich nicht an der syrisch-libanesischen Grenze entlang, sondern geht mitten durch den Libanon. KARIM EL-GHAWARY