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Archiv-Artikel

DIE KRITIK DER GRÜNEN AN DEN OSTERMÄRSCHEN IST NUR KONSEQUENT Unter Rechtfertigungsdruck

Warum mussten sich Grünen-Chefin Claudia Roth und ihr Parteikollege Winfried Nachtwei überhaupt zu den Ostermärschen äußern? Es ist doch bekannt, dass die Friedensbewegung gerne radikale Forderungen stellt. Genau so bekannt ist, dass die Grünen viele solcher Forderungen heute nicht mehr unterschreiben würden. Aber warum müssen sie den Ostermarschierern „Schwarz-Weiß-Malerei“ und „starre Rituale“ vorwerfen?

Aus der Sicht einer etablierten Partei ist das nur konsequent. Die Grünen sind eben keine Bewegung mehr, sondern waren sieben Jahre lang an der Regierung. Sie haben die Verantwortung für Auslandseinsätze der Bundeswehr übernommen, und erst Anfang März hat gut die Hälfte der Partei für den Tornado-Einsatz in Afghanistan gestimmt. Zumindest jene, die mit Ja gestimmt haben, würden sich lächerlich machen, wenn sie nun gegen eben diese Tornados demonstrieren gingen.

Doch offenbar scheint sich die Parteispitze unter Rechtfertigungsdruck zu fühlen – nur so ist zu verstehen, warum Roth und Nachtwei überhaupt zu den Ostermärschen Stellung genommen haben. Der Rechtfertigungsdruck rührt wohl auch daher, dass die Linksfraktion allmählich jene radikalpazifistische Lücke füllt, die die Grünen hinterlassen haben. Wenn es darum geht, eindeutige Positionen zu vertreten und standfeste Pauschalurteile auszusprechen, stehen sie den Grünen der Achtzigerjahre in nichts nach. Die Sehnsucht nach den einfachen Antworten von früher, als man noch so einfach gegen eine atomare Wiederbewaffnung sein konnte, verfolgt manche Grüne noch immer wie ein Phantomschmerz: Schwarz-Weiß-Malerei macht das Leben ja manchmal auch einfacher. Und das Gefühl, ohne Rücksicht auf realpolitische Erwägungen auf der Seite der Friedensfreunde stehen zu können, ist sicherlich schöner als die Einsicht, dass man etwa gegen die Taliban ohne Militär tatsächlich wenig ausrichten kann.

Das ist der Vorteil einer Partei, die noch nicht an der Regierung beteiligt war und die auch nicht den Anschein erweckt, als wäre dies ihr Ziel. Für die Grünen ist diese Phase vorbei. KATHARINA KOUFEN