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Archiv-Artikel

DIE KORRUPTE ELITE IN KHARTUM KANN SICH NICHT MEHR SICHER FÜHLEN Allianz der Enttäuschten

Seit zwanzig Jahren lassen es sich der Putschistenpräsident Omar Hassan al-Bashir und seine Getreuen in Khartum und den umliegenden Schwesterstädten mit Hilfe der zuverlässig fließenden Öl-Milliarden gut gehen. Die Bewohner auf dem Land hungern. Im Südsudan gibt es bis heute weder Straßen noch Arbeit. Im unerschlossenen Osten Sudans flammen immer wieder Kämpfe aus, und selbst aus dem Norden, der Heimat al-Bashirs, wird Unmut vermeldet.

Nirgendwo ist die allgemeine Krise so greifbar wie im Westen, also in Darfur, wo es mittlerweile 300.000 Tote und 2 Millionen Vertriebene zu beklagen gibt. Hier kämpft der Staat mit militärischen Mitteln gegen seine Bürger, um seine Allmacht über das größte Land Afrikas zu erhalten. Dass das auf Dauer nicht funktionieren kann, hat der Angriff der Darfur-Rebellen auf die Bastion der Macht gezeigt. In dem durch und durch korrupten Staatsapparat gibt es immer mehr, die einen Machtwechsel für ihre einzige Chance halten, selbst einmal zum Zuge zu kommen. Eine Allianz der Enttäuschten hätte das Potenzial, selbst einen erfahrenen Militärstrategen wie al-Bashir zu entmachten.

Al-Bashirs letzter Strohhalm sind ironischerweise die ehemaligen Todfeinde aus dem Süden. Das Kalkül der südsudanesischen Befreiungsbewegung (SPLM) ist eindeutig: Keine Krise soll verhindern, dass der Süden sich in drei Jahren zum eigenständigen Staat erklärt. Die „Bewegung für Gleichheit und Gerechtigkeit“ lehnt diesen Plan entschieden ab – und verfolgt zudem eine islamische, manche sagen: islamistische Agenda. So schützen die Mächtigen im Südsudan lieber den Teufel, den sie kennen, als den unbekannten Gegner.

Doch mit solch taktischem Kalkül werden die Verlierer fern der Hauptstadt sich nicht auf Dauer ruhig halten lassen. Seit diesem Wochenende kann sich die Elite in Khartum nicht mehr sicher fühlen. Nicht zuletzt brodelt es im Süden auch in den eigenen Reihen, weil immer mehr SPLM-Granden ihre einstigen Unterstützer in der Peripherie vernachlässigen. MARC ENGELHARDT