DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Der Fürst von Monaco
WAS SAGT UNS DAS? Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer ist so wendig, dass er eine eigene politische Theorie verdient hat
Er muss also ein Fuchs sein, um die Schlingen zu kennen, und ein Löwe, um die Wölfe zu schrecken“, schrieb der Florentiner Staatsphilosoph Niccolò Machiavelli 1531 in „Der Fürst“ (Il Principe), einer klugen Analyse des politischen Realismus, aus der später die politische Theorie des Machiavellismus abgeleitet wurde.
Machiavellis Buch, das lässt sich mit einiger Sicherheit vermuten, hat bestimmt einen festen Platz auf dem Nachtkästchen von Horst Seehofer. Vor dem Zubettgehen schmökert der bayerische Ministerpräsident darin, bevor er am nächsten Tag mit schelmischer Freude zu seinem seiner vielen Coups ansetzt, die sowohl politischen Gegnern als auch der eigenen Gefolgschaft in ihrer prinzipienbefreiten Lässigkeit die Sprache verschlagen.
Der jüngste machtpolitische Geniestreich gelang dem Principe im Zuge der Sondierungsgespräche mit der SPD. Zur Bestürzung der CDU verkündete Seehofer, den von den Sozialdemokraten geforderten flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro akzeptieren zu wollen. Ein Unionsthema ist das nicht. Ebenso wenig wie die doppelte Staatsbürgerschaft, für die Seehofer plötzlich den Grünen zuliebe offen war. Ohne Gegenleistungen der Koalitionspartner in spe geht das freilich nicht.
Der bayerische Landesfürst erkennt die Ausnahmesituation (necessitá), lang bevor es andere tun. Beherzt schreitet er zur Tat (virtù), wechselt zwischen Löwe und Kätzchen … äh Fuchs und packt die Gelegenheit (occasione) mit glücklichem Händchen (fortuna) beim Schopfe. Denn wie schon sein großes Vorbild jenseits der Alpen wusste: Zum Zweck der Selbstbehauptung sind alle Mittel erlaubt.
Machiavelli wäre stolz auf seinen virtuosen Schüler, der sich die Adelung seines Politikstils zum „Seehoferismus“ damit redlich verdient hat. MAHA