DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Stuttgarter Kessel
WAS SAGT UNS DAS? Die Stadtverwaltung Stuttgart sucht jetzt eine Öffentlichkeitsarbeiterin mit Schwerpunkt Stuttgart 21
Mal ehrlich: Müsste es mit Blick auf Stuttgart 21 nicht zuerst mal „Öffentlichkeitsarbeit Städteabbau“ heißen? Aber immerhin hat man in Stuttgart wohl ein gewisses Defizit festgestellt.
Nur: Bedeutet das, man will wirklich reden? Oder kriegt hier lediglich die Verkaufe Verstärkung? Zudem bleibt die Frage, ob solch vermittelte Kommunikations-PR das ersetzen kann, was in Stuttgart fehlt: der direkte Dialog zwischen denen „da oben“ und denen, die glauben, nicht gehört zu werden, aller differenzierten Argumente, aller Verzweiflung, aller Lautstärke zum Trotz. Dafür immerhin wird auch Heiner Geißler angeheuert; das vom früheren Scharfmacher zum liberal-pluralen Attac-Mitglied geläuterte Lamm der Union soll nun im Auftrag des Landesvaters vermitteln.
Die neue PR-Kraft, die da per Annonce für die „interessanten und vielseitigen Aufgabengebiete“ gesucht wird, soll derweil Stuttgart 21 besser verkaufen – und vor allem „Teamfähigkeit“ mitbringen. Das wird auch nötig sein in diesem von Zerfallserscheinungen gezeichneten Himmelfahrtskommando von Landesregierung, Bahn und Stadt: Während Stuttgarts Polizeipräsident gestern einräumte, am vergangenen Donnerstag seien „Fehler gemacht worden“, sagt Regierungschef Stefan Mappus (CDU) keine zwei Stunden später, er habe „bis dato keine Hinweise darauf“. Nein, das geht besser.
Natürlich werden auch „Text-“ und vor allem „Stilsicherheit“ verlangt, was sich nach den Einlassungen von Innenminister Heribert Rech (CDU) à la „Wenn sich Mütter mit den Kindern der Polizei in den Weg stellen, dann müssen sie eben auch mit körperlicher Gewalt weggebracht werden!“ eigentlich von selbst versteht. Bei der erwarteten „Fähigkeit, auch schwierige Sachverhalte zielgruppenorientiert und leicht verständlich aufzubereiten“ wünschen wir jedenfalls schon jetzt viel Spaß.
Immerhin: Erste Deeskalationsmaßnahmen sind schon subtil im Ausschreibungstext versteckt: „Bitte senden Sie uns nur Kopien ohne Plastikhüllen“, heißt es in der Anzeige mit Blick auf die Bewerbungsunterlagen. Was nur bedeuten kann: Die Wasserwerfer bleiben bei kommenden Demos in der Garage.
STEFFEN GRIMBERG