DIE GESELLSCHAFTSKRITIK : Zwitschernder Wettermann
WAS SAGT UNS DAS? Jörg Kachelmann gibt Interviews und teilt per Twitter kräftig und sehr unterhaltsam aus. Hoffentlich regt er sich nicht so schnell ab
Für ein paar Tage sah es so aus, als ginge der Spaß jetzt erst richtig los – als würde Jörg Kachelmann auf einen Schlag all den Druck ablassen, der sich in den 132 Tagen seiner Haft aufgestaut haben muss.
Vor allem via Twitter sparte der vom Vorwurf der Vergewaltigung freigesprochene Moderator nicht mit ätzenden Attacken auf all jene, die schon vor 132 Tagen von seiner Schuld überzeugt waren, von „Hubert Burdas Schergen“ bis zu den „ewig eklig blubbernden Mediensümpfen unter Friede Springer“. Schön vorgeführt wurde die Bunte-Chefreporterin Tanja May, die der Nebenklägerin per Fleurop „Sonnengrüße“ schickte und den schmierigen Wunsch anmeldete, sie noch vor dem Prozess kennenzulernen. Zuletzt fotografierte er seinerseits die ihm auflauernden Paparazzi, was in seiner Banalität schon wieder unterhaltsam war. Oder wenigstens rührend. Hier nutzt einer moderne Medien, um aus dem Abklingbecken der Anonymität heraus gewisse Rechnungen zu begleichen. Nur angesichts des unkommentierten Zeitrafferfilmchens, in dem Nacktschnecken eine tote Maus verputzen, konnte man sich fragen: Wer ist Nacktschnecke, wer Maus? Und wird Kachelmann jetzt ein Konstantin Neven-DuMont in klug? Ein Charlie Sheen in nüchtern? Ein Graf von Monte Christo? Ist er damit gut beraten? Wird er irre?
Nein, erklärte er in seinem lesenswerten Zeit-Interview, er twittere „kalten Herzens und mit einem Schuss Fröhlichkeit“, und das darf man ihm glauben. Er wird nicht irre, er erholt sich.
Seine immerhin 7.900 „Follower“ bei Twitter behelligt Kachelmann inzwischen immer seltener mit seinen Ansichten über Paparazzi, Polizisten und anderes „Pack“. Stattdessen geht’s ums Wetter. Gewitterwarnung für Bornholm! FRA